Reinste Seelennahrung

13. Juni 2012


„Frank Sheed? Kenne ich nicht!“ Das ist mein erster Gedanke, als ich Theologie für Anfänger in Händen halte. Kein Wunder: Francis Joseph (kurz: Frank) Sheed ist keiner der ausgewiesenen Theologen des 20. Jahrhunderts, saß nie auf einem Lehrstuhl, wird in akademischen Kontexten selten zitiert. Dennoch zeigt sich eine Bildungslücke, ist Sheed doch ein bedeutender katholischer Autor und in seiner Eigenschaft als engagierter „Speaker’s Corner“-Redner ein „Pionier des Laienapostolats im 20. Jahrhundert“ (Axel Schmischke im Nachwort) – lange vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Gewissermaßen ist Sheed damit so etwas wie ein katholischer „Proto-Blogger“. Dass einer seiner Klassiker (Theology for Beginners) nun in deutscher Fassung vorliegt (die Übersetzung besorgte Vilma Sturm), ist dem Lepanto-Verlag zu verdanken, der Theologie für Anfänger neu herausgab; das Buch erscheint nun schon in der zweiten Auflage.

Sheed beginnt seine Aufführungen mit einem Pamphlet für die Wahrheit des Wortes, die sich dem Theologen offenbart, mehr als dem, der es aus „zweiter Hand“ annimmt. Das Bild Jesu, das Wort sei wie Brot, also „Nahrung“, nimmt Sheed ebenso auf wie die Lichtmetapher, um die Situation manches Gläubigen zu charakterisieren: „Ein Katholik kann gottseidank nicht völlig ohne Nahrung und völlig im Finstern sein. Aber er lebt oft unterernährt bei halber Beleuchtung – und das ist schade.“

Sheed schafft Abhilfe. Der Autor apologetischer Bücher für alle Katholiken und für alle, die ihr Anfangsinteresse am katholischen Glauben motiviert, mehr über diesen in Erfahrung zu bringen, fächert die Lehre der Kirche sorgfältig auf und spart auch religionsphilosophische Fragen, aus denen Skepsis erwachsen kann, bei seiner Betrachtung nicht aus. Ohnehin zeigt seine Theologie eine große Nähe zur Philosophie, namentlich zur Metaphysik. Den Gegenstand des Glaubens, den Ursprung der Wahrheit, das Ziel der theologischen Erörterung, also: Gott, erschließt Sheed über den Begriff des Geistes: „Gott ist Geist.“ Insoweit wird die Theologie bei ihm zu der Geisteswissenschaft schlechthin: Wisse, was Geist ist, dann weißt Du, wer Gott ist. Oder zumindest, wie Gott ist: unendlich, also unzeitlich und ohne Ausdehnung, d. h. ewig und allgegenwärtig, dazu erkennend, kreativ und liebend. Diese Eigenschaften verstärken sich im personalen Wesen Gottes und in Seiner schöpferischen Offenbarung. Von dort aus kommt Sheed auf den Menschen zu sprechen, auf seine Natur, seine Tugend, seine Bestimmung. Diese wird von der Kirche und ihren Sakramenten begleitet, wie er schließlich erläutert.

All das entwickelt Sheed so spielerisch, dass einem kaum auffällt, wie viel man gerade lernt. Er sorgt dafür, dass die Theologie tatsächlich den Anfänger erreicht. Seine klare Sprache und die kleinschrittige Argumentation machen den Gedankengang leicht nachvollziehbar. Seine Abhandlung ist einfach, aber dennoch von tiefer Überzeugungskraft. Oder gerade deshalb. Dabei gilt stets: Wahrheit ist weniger etwas, das man besitzt, sondern von dem man besessen ist. Und: Wissen ist kein Selbstzweck, „Wissen nährt die Liebe“. Theologie, also die „Lehre von Gott“, soll dazu befähigen, mehr Glaubenswissen zu bekommen – und mehr Liebe.

Fazit: Die Theologie für Anfänger ist eine echte Entdeckung. Es lohnt sich, Frank Sheed kennenzulernen.

Bibliographische Daten:

Frank Sheed: Theologie für Anfänger
Lepanto-Verlag Bonn (2011)
238 Seiten, € 19,80
ISBN: 978-3-942605-01-4

Weitere Informationen auf der Verlagsseite (u. a. Inhaltsverzeichnis und Leseprobe).

(Josef Bordat)