Die große WM-Vorschau

11. Juni 2014


Morgen geht sie nun endlich los: die 20. Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Brasilien ist als Gastgeber natürlich einer der Top-Favoriten, obwohl der Gastgeber erst sechs mal am Ende auch der Titelträger war – Brasilien selbst ist 1950 gescheitert. Wir brauchen uns vor Brasilien nicht zu verstecken. Das einzige, was die Brasilianer besser können als unsere Jungs, ist portugiesisch. Und dann der Trainer, der so ruhig und souverän die Mannschaft führt. Wie sangen schon die Beatles: „All you need is Löw“!

Joachim Löw. Bundestrainer (in Ausbildung). Foto: Panini.

Joachim Löw. Bundestrainer (in Ausbildung). Foto: Panini.

Also, ich denke, „wir“ können ganz zuversichtlich sein, trotz der prominenten Ausfälle und Verletzungen. Das meint auch Thomas von Aquin, der schon im 13. Jahrhundert der Frage nachging, wer am Ende die Nase vorn haben wird (De ludo II, 3):

Questio: Wird Deutschland Weltmeister? Ich meine: Das sollte man ja annehmen. Bei dem Trainer! Außerdem spielt Özil für Deutschland. Und Götze.

Obiectiones: Dagegen behaupten Averroes und Beckenbauer, es kämen drei oder gar vier in Frage, die in diesem Jahr Weltmeister werden können. Wir können mit dem Philosophen sogar sagen: Es kommen so viele in Frage, wie am Turnier teilnehmen. Also: zweiunddreißig. Averroes scheint Recht zu haben. Und Beckenbauer auch.

Sed contra: Seit wann hat Averroes Ahnung vom Fußball? Und wer ist Beckenbauer?

Corpus articuli: Wir sollten auf die hören, die Ahnung vom Fußball haben. Oliver Kahn sagt: „Deutschland wird Weltmeister!“ Ich sehe keinen Grund, warum Kahn Unrecht haben sollte, wo er doch bisher immer Recht hatte. Außerdem hat Deutschland Özil. Und Götze.

Respondeo: Averroes und Beckenbauer meinen, es kämen in diesem Jahr drei oder vier als Weltmeister in Betracht. Averroes hat aber keine Ahnung. Beckenbauer auch nicht. Jedenfalls nicht so viel wie Kahn. Löw hat die meiste Ahnung. Ergo: Deutschland wird Weltmeister.

Soweit Thomas von Aquin. Ansonsten gilt: Weltmeister werden nur Christen. Es ist noch nie ein Land Weltmeister geworden, in dessen Bevölkerung die Christen nicht in der Mehrheit sind: Brasilien (90 Prozent Christen), Argentinien (96 Prozent), Uruguay (76 Prozent), Italien (87 Prozent), England (74 Prozent), Deutschland (67 Prozent), Spanien (80 Prozent) und Frankreich (55 Prozent). Und noch etwas: Der Katholikenanteil an der Bevölkerung beträgt im globalen Durchschnitt etwa 16 Prozent. Die großen Fußballnationen Brasilien (73 Prozent), Argentinien (90 Prozent), Uruguay (74 Prozent), Italien (85 Prozent) und Deutschland (32 Prozent), die zusammen 16 der 19 WM-Titel gewannen, haben mindestens einen doppelt so hohen Anteil an römisch-katholischen Gläubigen.

Für Katholiken ist eine Weltmeisterschaft ohnehin immer eine Herzensangelegenheit. Je nach spiritueller Ausrichtung gibt es da ganz unterschiedliche Präferenzen:

Jesuiten: Große Vergangenheit, heute eher destruktiv bis selbstmitleidig. Hadern dauernd mit dem Schiri, dem Rasen, dem Luftdruck des Balles. Sind regelmäßig kurz vor dem Ausscheiden, stehen dann genauso regelmäßig im Halbfinale und alle fragen sich: Warum? – Italien.

Benediktiner und Franziskaner: Frankreich. – Die einen wegen der Hymne, die anderen wegen „Bruder Hahn“.

Charismatiker: Brasilien.

Küster: Unauffällig, zuverlässig, fleißig. – Südkorea.

Aktivisten in der Blogozese: Japan und Belgien. – Hat keiner auf der Rechnung, werden allgemein unterschätzt. Sehr schnell und beweglich. Klares vertikales Spiel.

Wir sind Kirche: Halten zu Niemandem. Kritisieren lieber den Schiedsrichter.

Missionarinnen der Nächstenliebe: Nehmen sich aus Mitleid der Ausgestoßenen an, stehen an der Seite derer, an deren Seite sonst keiner steht. Also: Holland.

Mystiker: England. – Dann können sie sich am Ende freuen, wieder „Nichts“ gewonnen zu haben.

Dominikaner: Technisch perfekt, wissen alles besser. Eine Macht. – Spanien.

Pfadfinder: Portugal. Wegen Raul Meireles.

Pfadfinderinnen: Portugal. Wegen Cristiano Ronaldo.

Piusbrüder: Uruguay. – Tradition und Härte. Oder: Russland.

Gemeindereferentinnen: Finden faire Spiele wichtiger als „Gewinnen um jeden Preis“. Sonst: Bosnien-Herzegowina. Oder „ein Team aus Afrika“.

Aktive Katholiken im Erzbistum Berlin. Kroatien.

Kirchenvorstände im Erzbistum Berlin. Griechenland.

Kolping: Egal, wer spielt. Egal, wer gewinnt. Hauptsache, das Bier ist kalt.

Kirchenkritiker. Algerien. Auch die sind selten qualifiziert.

Nun, denn. Für Deutschland gilt, was Kopfballungeheuer Thomas von Aquin schon sagte (s. oben). Ansonsten gilt Horst Hrubeschs Sentenz aus dem Tricktatus Logicus-Philosophicus: „Wenn wir alle schlagen, können wir es schaffen.“ In diesem Sinne: Eine schöne Fußball-Weltmeisterschaft!

(Josef Bordat)

Kommentare sind geschlossen.