Bizarre Absonderungen. Die Hass-Sprache eines Nachrichtensenders

5. Januar 2014


Der Fernsehsender N24 ist ein Nachrichtensender, d. h. er berichtet über Geschehnisse in aller Welt, von denen er der Ansicht ist, sie seien von Bedeutung, wenn es darum geht, das Informationsbedürfnis des Rezipienten zu befriedigen. Mit diesem Anspruch berichtet er über einen Mormonen aus dem USA-Bundesstaat Utah, der aus Protest gegen die Einführung der Homo-„Ehe“ in einen Hungerstreik getreten ist.

Dazu stellt N24 fest, das Motiv des Mormonen sei „Schwulenhass“, und zwar „auf ein neues Niveau“ gehobener „Schwulenhass“. Es scheint, dass N24 jede Kritik an der Homo-„Ehe“ darauf zurückführt, dass der Kritiker homophob ist, also Homosexuelle fürchtet, gemeint ist: dass er sie hasst. Schwulenhass. Was sonst. Dass man sich unterhalb von Hassgefühlen motiviert sehen könnte, seine Bedenken öffentlich zu äußern, scheint für N24 ausgeschlossen. Wer also bestimmte Vorteilsgewährungen, für deren Vorenthalten es gute Gründe gibt, ablehnt, weil er es etwa nicht schafft, die Verbindung zweier Männer (offenbar geht es immer nur um die – daher: Schwulenhass) oder zweier Frauen als „Ehe“ anzusehen, da bestimmte Wesensmerkmale des Ehebegriffs fehlen (etwa die prinzipielle Ausrichtung auf neues, aus der ehelichen Verbindung entstehendes Leben), ist – homophob. Punkt. Daran muss man sich wohl gewöhnen.

Mit Homophoben wiederum kann man umspringen, wie man will. Man braucht sie weder ernst zu nehmen, noch irgendwie zu versuchen, ihr Anliegen aus ihrer Sicht zu rekonstruieren. Jede Form von Verständnis ist zu unterbinden. N24 zeigt, wie es geht. So wird in einer besonderen Form von Nachrichtensprache über den Hungerstreik berichtet. Zu lesen ist folgendes: Zwar seien bereits andere „Glaubensbrüder“ durch „homophobe Demonstrationen“ in Erscheinung getreten, aber ein „erzkonservativer Vertreter“ habe sich nun mit dem Hungerstreik „ein besonders bizarres Mittel einfallen lassen“. Dabei ist der „Schwulenhass[er]“ mit „seinem Unmut“ kein unbeschriebenes Blatt: In seinem Blog soll er „regelmäßig seine religiösen Überzeugungen missionarisch absonder[n]“. Ja, so sind sie, diese Homophoben: eine Haltung voller „Hass“, „bizarre“ Handlungen und ihre Meinung äußern sie nicht, nein: sie „sondern“ sie „ab“. Nicht der Schwarze Kanal – N24.

Es ist in Ordnung, wenn Menschen, die Bedenken gegen eine medial besonders stark protegierte Position äußern, die beispielsweise Partnerschaften homosexueller Menschen unter Hinweis auf naturgesetzliche Gegebenheiten nicht als „Ehe“ verstehen wollen, künftig jedes Recht auf anständige Behandlung in den Medien verwirkt haben. Probleme hätte ich allerdings schon damit, wenn man in Zukunft „2+2=17“ für eine wahre Aussage halten muss. Wer ist schon gerne dyskalkulophob?

(Josef Bordat)

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