Olympia. Höher, schneller, weiter

6. Februar 2014


Am Freitag Abend werden im russischen Schwarzmeerkurort Sotschi die XXII. Olympischen Winterspiele eröffnet. Teil 3: Doping, Leistung, Sport

Olympische Spiele sind heute keine religiösen, sondern vor allem ökonomische Ereignisse. Dabei sein ist längst nicht mehr alles – es muss sich lohnen. Höher, schneller und weiter, das gilt auch für Sponsorengelder, deren Amortisation und die Wirkung der Werbebotschaften. Ein derart wirtschaftlich ausgeschlachteter Sport birgt die Gefahr von Missbrauch und Betrug. Wir kommen zum Doping.

Mit dem Thema geht es schon los, bevor es losgeht. Russlands beste Biathletin Irina Starych hat sich nach Dopingvorwürfen aus dem Olympia-Team zurückgezogen. Claudia Pechstein, als Fahnenträgerin der deutschen Mannschaft gehandelt (gerade wird bekannt: Maria Höfl-Riesch macht’s), steht wegen ihrer „auffälligen Blutwerte“ seit 2009 in der Kritik. Seitdem kämpft sie um ihre Reputation, behauptet, die Werte hätten natürliche Ursachen, gedopt habe sie jedenfalls nie. Restlos aufgeklärt werden kann der Fall wohl ebenso wenig.

Das Grundproblem ist indes klar: Dem Doping liegt eine Mentalität zugrunde, die wir alle haben: Wir wollen besser sein als andere. Warum das so ist, können Anthropologen klären. Für den Augenblick reicht der Umstand, dass es so ist. Damit ist Doping kein Problem der Sportler, sondern ein Problem des Menschen. Jeder Dopingfall (oder Verdachtsfall) spricht auch uns an: „Und Du? Wie weit würdest Du gehen?“ Darauf müssen wir antworten, bevor sich der Zeigefinger hebt.

Dieser darf aber auch nicht unten bleiben. Denn zum anderen ist Doping in der Tat ein Fall für die Ethik. Moralisch bedenklich sind die Absicht (Betrug), die Wirkung (Wettbewerbsverzerrung) und die Nebenwirkung (Selbstschädigung) – vom falschen Vorbild, das Spitzensportler Kindern und Jugendlichen geben, ganz zu schweigen.

Und dann tritt noch ein besonders pikanter Effekt auf: die hinter dem Doping stehende Fehlallokation von Heil- und Hilfsmitteln in einem ohnehin klammen Gesundheitswesen. Da werden Medikamente und Methoden, die für Schwerstkranke gedacht sind, missbraucht, indem sie Gesunden verabreicht werden. Man nimmt etwas, das anderen Menschen das Weiterleben ermöglicht, um noch höher zu springen, schneller zu laufen und weiter zu fliegen.

Und wir, die Zuschauer, haben daran unseren Anteil. Wir wollen die Deutschen (oder die Österreicher bzw. Schweizer) siegen sehen, die großen Wintersportnationen. Deutschland holte bei den fünf vergangenen Winterspielen immerhin 148 mal Edelmetall und belegte stets einen der ersten drei Plätze im Medaillenspiegel.

Doch wir sollten einsehen: Erfolg ist nicht alles. Es muss nicht immer höher, schneller und weiter gehen – hoch, schnell und weit reicht allemal. Und für „unsere“ Mädels und Jungs gilt in diesem Jahr ohnehin: egal, wie sie abschneiden, sie werden auffallen, in ihrer Olympia-Bekleidung – bunter, greller, schriller. – Viel Spaß bei den Spielen!

(Josef Bordat)

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