Von Kindern und Hunden

3. August 2011


Von dort zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Befreie sie (von ihrer Sorge), denn sie schreit hinter uns her. Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen. Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt. (Matthäus 15, 21-28).

Jesus weist die Frau ab. Eine ungewöhnlich Reaktion für den, der Feindesliebe predigt, der sich sonst stets den Sündern zuwendet, der gekommen ist, über alle Grenzen hinweg ein neues Volk Gottes zu versammeln. Begründung: Ressourcenknappheit. Er kann sich nicht um alles und auch nicht um alle kümmern. Das eigene Volk Israel (Kinder) hat Vorrang vor dem Rest der Welt (Hunde).

Doch dann kommt der Wendepunkt in dieser Begegnung: Jesus anerkennt den Glauben, die Demut und die Liebe der Frau, die sie für Gott und für ihre Tochter hat. Sie ist bereit, sich mit der Rolle des Hundes zufrieden zu geben und empfängt die Gabe des Kindes. Sie wird von ihrem Leid befreit: ihre Tochter wird geheilt.

Jesus weitet das Konzept „Volk Gottes“ auf die Glaubenden, Demütigen und Liebenden. Auf alle, die leiden und die in ihrem Leid zu Gott rufen, wohl wissend, dass schon ein Krümel seiner Gnade alles wieder gut macht. Die Armen, Kranken und Schwachen dieser Welt bilden ein neues Volk Israel, sie werden zu neuen Kindern Gottes – unabhängig von ihrer Herkunft. Zum neuen Volk Israel gehören alle, die in ihrem Herzen sprechen: „Herr, hilf mir!“ – Hunde eingeschlossen.

(Josef Bordat)

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