Christ sein in Deutschland. Nachtrag

24. Februar 2015


Selten zuvor habe ich zu einem einzelnen Beitrag so viele Rückmeldungen erhalten. Es gibt drei typische Reaktionen: 1.) Kenne ich aus eigener Erfahrung! 2.) Kann nicht sein – bitte mehr Belege! 3.) Man muss was tun!

Um mal hinten anzufangen: Ja, muss man! Wobei „man“ genauer zu definieren wäre. Ich persönlich habe mich dazu entschlossen, die Sache aufzugreifen, weil mich das innere Schulterzucken der Gottesdiensgemeinde irritiert hat und ich einfach feststellen wollte, ob ich der einzige Mensch bin, den es stört, wenn Schülerinnen von ihren Lehrern wie geschildert behandelt werden. Offensichtlich bin ich nicht allein mit meiner Einschätzung, dass so etwas nicht in Ordnung geht.

Fühlen Sie sich – insbesondere, wenn Sie aus dem Bistum Dresden-Meißen kommen – frei, über Ihren Bischof die Hintergründe des Vorfalls in Erfahrung zu bringen. Vielleicht ist es im Sinne der Schülerin, wenn die Angelegenheit, die sie selbst ins Rollen brachte, an eine große, zumindest größere Glocke gehängt wird – vielleicht aber auch nicht. Wie auch immer – es ist zu respektieren.

Zum zweiten Punkt. Ich habe zu dem Fall auch nur die Informationen, die öffentlich zugänglich sind (Hirtenbrief), glaube aber nicht, dass Bischof Koch, den ich persönlich kennen- und schätzengelernt habe, einen Hirtenbrief mit einer ungeprüften Darstellung eröffnet, nur um seine These von der Notwendigkeit stärkeren Miteinanders der Christen in seiner Diözese empirisch stützen zu können. Das heißt, ich gehe davon aus, dass 1.) es diesen Brief wirklich gibt, dass 2.) daraus korrekt zitiert wird und dass 3.) die darin beschriebenen Vorgänge den Tatsachen entsprechen, welche natürlich von der Schülerin subjektiv wahrgenommen und mit eigenen Worten geschildert wurden.

Um Genaueres sagen zu können, müsste man selbstverständlich auch dem Lehrer die Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Mir geht es aber eigentlich gar nicht darum, jetzt eine Person (nämlich die des Lehrers) an den Pranger zu stellen, sondern das Problem der offenkundigen Normalität solchen anti-katholischen, anti-christlichen, anti-religiösen Mobbings anzusprechen, denn offenbar scheint das die Öffentlichkeit nicht groß zu interessieren, eine Öffentlichkeit, die sonst (zu Recht) sehr empfindlich reagiert, wenn die Schwachen von den Starken gedemütigt werden.

Einleuchtend und erschreckend zugleich finde ich Hinweise darauf, dass das Schweigen damit zusammenhängt, dass sich die Eltern- und Großelterngeneration der Schülerinnen und Schüler, denen so etwas widerfährt, durch ihre DDR-Erfahrung schon so sehr an Demütigungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit gewöhnt haben, dass diese für sie keinen Beschwerdegrund mehr darstellen. Einleuchtend, weil es tatsächlich eine Erklärung gibt für die Regungslosigkeit der (zumeist älteren) Gottesdienstbesucher, erschreckend, weil wir ja nicht mehr in der DDR leben.

Das führt mich zur ersten Reaktion. Einige schrieben in Facebook-Kommentaren, dass sie die Schilderung schon deswegen für authentisch hielten, weil sie exakt dasselbe erlebt hätten. Für mich als Niederrheiner ist das schier unvorstellbar. Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, sind alle Lehrerinnen und Lehrer mit denen, die von der Mehrheit abwichen (die also nicht katholisch waren), genauso umgegangen wie mit allen Anderen. Im Gegenteil: Manchmal hatte ich gar den Eindruck, sie hätten eine Art „Minderheitenbonus“, da sie in fast allen geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern immer noch einmal extra nach ihrer Meinung gefragt wurden und diese breit darlegen durften, wofür es fast immer ein Sonderlob gab. Mittlerweile verstehe ich auch, dass das pädagogisch gar nicht so ungeschickt war.

Ich hoffe, dass Bischof Koch in seiner Eigenschaft als Hirte sowohl mit der Familie als auch mit den zuständigen Behörden Kontakt aufgenommen hat, um ermutigend bzw. klärend auf die Situation einzuwirken.

(Josef Bordat)

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