Verfolgt in Vietnam

10. März 2015


Während die Welt mittlerweile die Verfolgung von Christen in islamisch geprägten Gesellschaften vermehrt zur Kenntnis nimmt – insbesondere wegen der bestialischen Gewalt des Islamischen Staat –, findet in Ost- und Südostasien weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit eine massive Christenverfolgung statt. Zum Beispiel in Vietnam.

Jüngster Fall: 36 Angehörige des indigenen Volkes der Jarai, die vor der Verfolgung in ihrer vietnamesischen Heimat nach Kambodscha geflohen waren, werden nach Vietnam abgeschoben. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Abschiebung verurteilt: „Die zwangsweise Abschiebung der Ureinwohner ist eine grobe Verletzung der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen, da den Flüchtlingen in Vietnam akute Gefahr für Leib und Leben droht“, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Diese Gefahr ergibt sich daraus, dass die Jarai wegen ihrer Zugehörigkeit zur protestantischen Kirche und wegen ihrer Proteste gegen den Raub ihres Landes in den vietnamesischen Bergen vom Regime in Hanoi massiv verfolgt werden. Kambodscha hat die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen im Jahr 1992 unterzeichnet. Sie verbietet ausdrücklich die Abschiebung von Flüchtlingen, wenn ihnen Gefahr für Leib und Leben droht.

Die Verfolgung trifft in Vietnam aber nicht nur die etwa 410.000 Jarai, sondern alle Christen, da sie als Gefahr für das kommunistische System betrachtet werden. Der Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats, Heiner Bielefeldt, besuchte vom 21. bis 31. Juli 2014 Vietnam. Er berichtet: „Der geplante Besuch der Provinzen An Giang, Gia Lai und Kon Tum wurde leider vom 28. bis 30. Juli unterbrochen. Ich erhielt glaubhafte Informationen, dass einige Personen, die ich treffen wollte, entweder unter intensiver Beobachtung standen, gewarnt, eingeschüchtert oder schikaniert wurden, oder durch die Polizei am Reisen gehindert wurden. Selbst diejenigen, denen es gelang, mich zu treffen, waren nicht frei von polizeilicher Überwachung oder Befragung. Darüber hinaus wurde ich selbst durch mir nicht angekündigte ‚Sicherheits- und Polizeiagenten‘ bezüglich meiner Aufenthaltsorte eng beschattet.“ Er führt weiter aus: „Die Bedingungen, unter denen Individuen oder Gruppen ihre Religion oder ihren Glauben ausüben können, sind willkürlich und hängen oft von dem Goodwill der staatlichen Behörden ab; letztendlich von den örtlichen Behörden. Darüber hinaus sehen sich Angehörige religiöser Minderheiten ohne offizielle Anerkennung weiterhin enormen Schwierigkeiten ausgesetzt, wenn sie ihre Rechte auf freie Ausübung ihrer Religion oder ihrer Glaubensüberzeugung wahrnehmen.“

Vietnamesische Christen werden als ebensolche „Angehörige religiöser Minderheiten“ besonders stark verfolgt. Dabei wird die von Christen ausgehende Gefahr für das kommunistische Unterdrückungssystem von der Regierung durchaus richtig erkannt: Der Mensch, der durch das Evangelium Jesu Christi „zur Freiheit befreit“ ist (vgl. Gal 5, 1) und der „Gott mehr gehorcht als dem Menschen“ (vgl. Agp 5, 29), sperrt sich gegen die Willkür autoritärer Behörden und gegen das übergriffige Herrschaftsgebaren des totalitären Staates.

„Genutzt“ hat die Christenverfolgung dem Hanoier Regime bislang übrigens nicht: Das Christentum gewinnt in Vietnam weiter an Einfluss – und die Kirche an Mitgliedern.

(Josef Bordat)

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