Gott wird Mensch. Und: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben!

23. Dezember 2012


Es scheint auf den ersten Blick so gar nicht weihnachtlich, was jetzt noch kurz angesprochen werden muss: die fortschreitende Renaissance von Euthanasie-Phantasien. Doch Gott ist ja Mensch geworden, um den unendlichen Wert des Menschen – jedes Menschen – hervorzuheben. Insoweit sollte klar sein, dass jeder Mensch ein Recht auf Leben hat, sei er auch über 80 Jahre alt. Oder mit dem Down Syndrom geboren.

Solchen Menschen will ein Kandidat der United Kingdom Independence Party das Lebensrecht nämlich absprechen – aus ökonomischen Gründen. Es sei schlicht zu teuer, wenn die Gemeinschaft der Fitten alte, kranke und behinderte Menschen durchfüttern müsse. Der Gedanke der „unnützen Esser“ erhält eine Neuauflage, in einer Klarheit, wie ich sie nie für möglich gehalten hätte. Wie ein Kompliment für den Katholizismus erscheint daher der Umstand, dass nach Ansicht des Kandidaten allein die Kirche und der Papst seinen mörderischen Plänen (noch) im Wege stehen.

In der Tat: Der Einsatz für das Leben ist Kernidee der christlichen Ethik katholischer Prägung. Daher informiert Katholisches.info im Beitrag Obligatorische Tötung von ungeborenen Kindern mit Down Syndrom und Euthanasie für Pensionisten gefordert über das merkwürdige Ansinnen des Kandidaten. Auch Kollege Alipius greift dankenswerter Weise das Thema auf. In einem Kommentar zu seinem Beitrag wird zu Recht an Kardinal von Galen erinnert.

Clemens August Graf von Galen, Bischof von Münster, hat sich seinerzeit gegen ein Euthanasieprogramm gestellt, das als „Aktion T4“ bekannt wurde, benannt nach dem Sitz der Zentrale für die Leitung der Aktion in der Berliner Tiergartenstraße 4. Der mutige Bischof kritisierte die Auffassung der Nazis, man dürfe „lebensunwertes Leben“ töten, weil es unproduktiv sei, wie eine alte Maschine oder ein lahmes Pferd. Der Schrecken über diese Gleichsetzung, die Grundlage des Vernichtungsprogramms war, lässt von Galen furchtlos die folgenden unmissverständlichen und darum wirkmächtigen Worte sagen: „Nein, ich will den Vergleich nicht bis zu Ende führen –, so furchtbar seine Berechtigung ist und seine Leuchtkraft! Es handelt sich hier ja nicht um Maschinen, es handelt sich nicht um ein Pferd oder eine Kuh. Nein, hier handelt es sich um Menschen, unsere Mitmenschen, unsere Brüder und Schwestern! Arme Menschen, kranke Menschen, unproduktive Menschen meinetwegen! Aber haben sie damit das Recht auf das Leben verwirkt? Hast du, habe ich nur so lange das Recht zu leben, solange wir produktiv sind, solange wir von den anderen als produktiv anerkannt werden?“

Diese Worte sorgten für Unruhe unter den Münsterländer Katholiken. Sie rüttelten an ihrem Gewissen, sie appellierten an ihre Nächstenliebe. Die Gläubigen verbreiteten die Predigttexte ihres Hirten und schafften damit eine Gegenöffentlichkeit. Das Regime, das ahnte, die Kranken-Vernichtung könne unpopulär sein und deswegen versuchte, sie geheim zu halten, knickte ein: Die „Aktion T4“ wurde ein Jahr lang ausgesetzt und dann weniger vehement weiterverfolgt. Clemens August Graf von Galen sollte für diese Störung des Vernichtungsbetriebs getötet werden. Aus Furcht vor noch größerer Unruhe unter den Katholiken beschloss Goebbels jedoch, die Beseitigung von Galens auf die Zeit „nach dem Endsieg“ zu verschieben. Dazu kam es nicht – nicht zum „Endsieg“ und nicht zur Beseitigung von Galens.

Gott wird Mensch. Das ist Weihnachten. Und auch das: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben!

(Josef Bordat)

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