Katholiken unterwegs

20. August 2012


Endlich hat auch die Katholische Kirche ihre Flugaffäre. Der Spiegel fasst in seiner Onlineausgabe die Empörung dieses und aller weiterer Universen in einen griffigen Aussagesatz: „Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen.“ Und zwar im Januar diesen Jahres. Und nicht nur Tebartz-van Elst, sondern auch sein Generalvikar Franz Kaspar soll First Class an Bord gewesen sein. Klingt ein bisschen nach Petzerei auf dem Pausenhof, aber gut – das ist der Deal namens „investigativer Journalismus“. Und auch, dass die Sache jetzt auftaucht, wo es doch grade wieder ein bisschen ruhiger geworden ist in Sachen Kirchen-Skandale in Deutschland – geschenkt.

Selbstverständlich gehört zu einem zünftigen Spiegel-Enthüllungsartikel routinemäßig der Hinweis, dass die übermächtige Kirche, hier in Gestalt von „Bistums-Anwälten“, zuvor alles getan hat, die gierig nach dem bisschen verbliebener Luft im Lande schnappenden Heroen der Freiheit und des Anstands an ihrer ehrlichen Arbeit zu hindern. Dass es vielleicht eher darum ging, zu verhindern, dass nicht voreilig und übereifrig Desinformationen gestreut werden, kommt Spiegel-Schreibern und -Lesern offenbar nicht in den Sinn.

Dabei stellt sich rasch die Berechtigung anwaltlicher Mahnung zur Vorsicht heraus, denn die Affäre ist gar keine, wie auch Der Spiegel deutlich sagt: „Das privat bezahlte Upgrade auf die höchste Beförderungsklasse diente demnach ausschließlich dem Erhalt der Leistungsfähigkeit beider Reisender.“ (Hervorhebung von mir) Aha. Privat bezahlt. Das bedeutet – wenn es denn stimmt –, dass Herr Bischof die Differenz zwischen Nicht-Meldung (Economy Class) und Meldung (First Class) allein aus seinem privaten Vermögen (Bonusmeilen) bestritt.

Selbst die Zahlen liefert der Artikel gleich mit: 7.000 Euro seien die Erste Klasse-Tickets pro Person Wert gewesen, insgesamt also 14.000 Euro. Dem Bistum seien aber für die fünftägige Reise insgesamt nur 8.300 Euro weiterbelastet worden, also für Flug, Transfers, Hotel, Verpflegung. Selbst wenn man die 8.300 Euro als Flugkosten veranschlagt, ergibt sich eine Differenz zum in Anspruch genommenen Wert von 5.700 Euro. Diese Differenz stammt aus dem bischöflichen Privatvermögen bzw. vom Privatkonto des Generalvikars. Es war also ihr Geld.

Das ficht natürlich weder den Spiegel-Schreiber an, so zu tun, als habe Franz-Peter Tebartz-van Elst Milliarden veruntreut, noch die Spiegel-Leser, ihm darin zu folgen und binnen Minuten hundertfach zu entbieten, wie grausam die Kirche seit Jahrtausenden die Menschen in Limburg und Umgebung auspresst.

Andererseits: Ein Bischof muss wissen, dass er ganz besonders unter medialer Beobachtung steht. Auch ein privat bezahltes Upgrade ist da schon zu viel. Ein Bischof muss heute leider nicht nur daran denken, was gut und richtig ist (z.B. der Erhalt der Leistungsfähigkeit, nicht ganz unwichtig angesichts eines „sehr straffen Programms“ mit Begutachtung von fünf sozial-caritativen Projekten im Rahmen einer Auslandsreise, die „normalerweise über mehr Tage hätte ausgedehnt werden müssen“ und somit auch „weitaus mehr gekostet hätte“, wie das Bistum mitteilte), sondern ein Bischof muss leider auch daran denken, ob man aus dem guten und richtigen Verhalten irgendetwas Böses und Falsches machen kann, irgendeinen Strick drehen, irgendetwas anhängen, ableiten, umdichten, irgendwie irgendwas an den Haaren herbeiziehen.

Ein Bischof darf der Presse nicht einen Quadratnanometer Raum geben, denn die versteht es vortrefflich, mit Wahrem einen falschen Eindruck zu erwecken, wenn sie will. Und bei der Kirche will sie. Die korrekte Ausage „Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen.“ wird im kalkulierten Nullsummendenken des Ahnungslosen doch ganz schnell zu: „Soziale Projekte leiden unter Bequemlichkeit des Bischofs.“ Und Hilfe wird zur „Heuchelei“. Es ist scheinbar auch völlig egal, ob mit Stimmungsmache dieser Art kirchliche Entwicklungsdienste diskreditiert werden. Hauptsache: Man hat mal wieder einen Bischof vor der Flinte. Wurde ja auch Zeit. Dass Franz-Peter Tebartz-van Elst dazu auch nur minimal Anlass gab, ist bedauerlich.

Es wird nun in den nächsten Tagen wieder sehr viel Unsinn geredet werden über die unfassbar reiche Kirche, die Kinder verhungern lässt. Das ist sicher nicht die Schuld des Bischofs. Dass es dazu die Gelegenheit gibt, jedoch sehr wohl.

(Josef Bordat)

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