Armes Deutschland

11. Mai 2015


Bremen ist nicht Deutschland. Dennoch ist das Bremer Wahlergebnis in einigen Punkten signifikant.

Gerade noch haben wir den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus begangen, bald denken wir dankbar an die Gründung der Bundesrepublik am 23. Mai 1949, dem Tag, an dem das Grundgesetz verkündet wurde, dazwischen eine verhältnismäßig unbedeutende Wahl: Es gilt, die Bremer Bürgerschaft neu zu besetzen. Kein Anlass.

Doch: Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen ging nur jeder zweite Wahlberechtigte an die Urne. Damit bestätigt sich ein Trend, der schon bei den vorangegangenen Wahlen auf Landesebene deutlich wurde: Die Hälfte bleibt zuhause. Das ist nicht nur von akademischem Interesse (Kann man man von Mehrheiten sprechen, wenn die Mehrheit schweigt?), das zeigt, was immer mehr Menschen von der Demokratie halten: Nichts. Oder zumindest nicht viel.

Die stärkste politische Kraft in Bremen, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, wird gerade mal von rund jedem siebten Bremer aktiv unterstützt. Jeder Elfte derer, die dann doch wählen gingen, wählt Parteien, die „Alternative“ oder „Wut“ im Namen tragen. Und das vor allem, weil diese Parteien versprechen, das „Flüchtlingsproblem“ zu „lösen“. Für mehr als die Hälfte der AfD-Wähler war dies das entscheidende Thema – bei einer Bürgerschaftswahl in einem Stadtstaat.

Die Menschen machen nicht mehr von ihrem Wahlrecht Gebrauch und wenn, dann vor allem, damit etwas gegen Menschen getan wird, die in größter Not zu uns kommen. Das scheint kein Bremer Phänomen zu sein, auch in Sachsen und Thüringen wählte 2014 jeder siebte Bürger eine Partei, die in Sachen „Flüchtlingsproblem“ eine einfache „Lösung“ verspricht. Und jeder Zweite schaut schweigend zu. Armes Deutschland.

(Josef Bordat)

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