Im Nachgang zu diesem Text habe ich mir mal angesehen, wie in deutschen Bibel- bzw. Vaterunser-Übersetzungen diese Stelle aussieht, also der erste Teil von Mt 6, 13. Und, was soll ich sagen: Es tun sich kleine Abgründe auf.

Warum die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“ ihren tiefen theologischen Sinn hat, habe ich ja zu erklären versucht. Vor diesem Hintergrund überraschen dann Formulierungen wie:

– „Führe uns nicht in Zerreißproben“ (DEKT, 1999)
– „Lass uns nicht in die Gefahr kommen, dir untreu zu werden“ (Gute Nachricht, 2000)
– „Führe uns nicht zum Verrat an dir“ (Bibel in gerechter Sprache, 2006)

Immerhin: Der metaphysische Gedanke der Notwendigkeit einer göttlichen Verursachung bleibt in zwei von drei Fällen erkennbar. Doch die Versuchung wird wahlweise zur „Zerreißprobe“, zum „Verrat“ oder zur „Untreue“. Was ist nur so schlimm an „Versuchung“?

(Josef Bordat)