Freiheit. Ein Gedicht

24. März 2013


Es gibt mehrere englische Versionen eines vietnamesischen Gedichts, verfasst von Nguyen Dac-Kien, der kürzlich wegen seiner Kritik am Regime der Kommunistischen Partei als Redakteur entlassen wurde. Ich bin gebeten worden, eine Übertragung ins Deutsche vorzunehmen. Diesem Wunsch komme ich gerne nach, auch wenn die Übertragung von übersetzter Lyrik die Gefahr birgt, sich allzu weit vom Original zu entfernen. Ich hoffe, zumindest die Intention Nguyen Dac-Kiens treffend wiederzugeben. Er hat das Gedicht den Demonstranten des 9. Dezember 2012 gewidmet.

Wenn man mich ins Gefängnis steckt,
dann soll es ein kommunistisches sein.
Wo jemand wie ich Freunde entdeckt
und merkt: Wir stimmen überein.

Dort, wo man ins Gefängnis mich sperrt,
sollte es ein kommunistisches geben.
Dort, wo Freiheit ins Dunkel gezerrt,
und Herzen sind, hungrig nach Leben.

Wenn einst ich ins Gefängnis muss,
in ein kommunistisches soll man mich stecken.
Wo Poesie unter Verschluss
und schlafwandelnder Seelen Kuss
die Schlummernden versucht zu wecken.

Dichter in die Nacht der Zelle zwingen
heißt tausend Freiheitssterne leuchten lassen.
Freiheit in die Dunkelheit verbringen
lässt tausendfach den Mut zur Freiheit fassen.

Ist man einst mit Fesseln zur Stelle,
gewiss: für eine kommunistische Zelle.
Denn ich sehne mich nach Freiheit.

(Nguyen Dac-Kien, Übertragung aus dem Englischen: Josef Bordat)

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