Gaucho-Gate

17. Juli 2014


Die Meinung einiger Argentinier

Ich persönlich finde es ja nicht ganz so schlimm, die Argentinier kollektiv „Gauchos“ zu nennen und die argentinischen Profis choreographisch auf den Arm zu nehmen. Es muss nicht sein, wirklich nicht, aber wenn es denn passiert, ist das kein Grund, sich künstlich aufzuregen über den verhältnismäßig alten Spottgesang, der wohl 2008 erstmals von deutschen Fans bei der EM intoniert wurde und auch später beim Empfang des Vize-Europameisters Deutschland vor dem Brandenburger Tor erklang, angeleitet von Oliver Pocher. Das Opfer damals: Fernando Torres, Siegtorschütze im EM-Finale von Wien. Reaktionen damals: Fehlanzeige. Also, was soll’s! Meine Meinung.

Aber ich bin ja auch Teil des Weltmeisterkollektivs und insofern keiner der Leidtragenden. Ich habe mich daher in meinem Bekanntenkreis umgehört und einige Argentinier gefragt, wie sie den Gaucho-Tanz empfinden. In den zum Teil sehr ausführlichen Antworten kommen grundsätzlich eher negative Auffassungen der Aktion zur Sprache. Von totaler Ablehnung bis zum leicht angesäuerten Augenzwinkern reicht das Reaktionsspektrum. Die kleine Umfrage hat aber auch einige sehr witzige Details hervorgebracht. So gibt es in Argentinien bereits einige deftige Retourkutschen in Sachen Gaucho-Tanz, die ich hier jedoch nicht bringen kann, ohne die allerletzte Reputation zu verspielen. Fest steht: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Fest steht weiterhin: Das gilt in beide Richtungen.

Und die argentinischen Spieler selbst? Die hüllen sich in Schweigen, wenn sie überhaupt von der Angelegenheit wissen. Die argentinische Sportzeitung Olé bezeichnete den Gaucho-Tanz als „polemisch“, der ehemalige Bundesligaprofi Rodolfo Esteban Cardoso als „unnötig“. Allerdings bringt Cardoso auch eine Einschätzung zum Ausdruck, die der Realität sehr nahe kommen dürfte: „Die Jungs waren alle sehr glücklich und wenn man glücklich ist, dann macht man verrückte Dinge.“ Ergo: „Ich bin nicht böse auf die deutsche Mannschaft, ich denke es war ein Spaß.“ Denke ich auch. Und ich hoffe, meine argentinischen Bekannten können das mit etwas zeitlichem Abstand zum WM-Finale ähnlich sehen.

(Josef Bordat)