Rechte Heiden

26. Januar 2017


Erinnern Sie sich noch? Asterix. Da gab es diesen Druiden, Miraculix, der bei aufkommenden Gefahren angesichts der römischen Besatzer einen Zaubertrank zusammenbraute, den alle Dorfbewohner vor dem Kampf tranken (außer Obelix, der als Kind in einen Kessel mit Zaubertrank gefallen und daher dauerhaft gestärkt war). Der Druide Miraculix ist ein weiser, sympathischer Greis, friedliebend und naturverbunden.

Naturverbunden sei er auch, so Burghard B., selbsternannter Druide aus Schwetzingen[sic!]. Hier hören die Gemeinsamkeiten mit Miraculix aber schon auf. Denn als weise, sympathisch und friedliebend lässt sich nur schwerlich ein Mensch charakterisieren, der in den Sozialen Medien zur Vernichtung aller Juden und Moslems aufruft. Burghard B. wird zur Reichsbürgerszene gezählt, gegen die in den letzten Tagen verstärkt vorgegangen wurde.

Dass der neuheidnische Kult alles andere als ein harmloses Freizeitvergnügen esoterisch veranlagter Naturfreunde ist, war bereits vorher bekannt. Der Neopaganismus ist das religiöse Moment der rechtsextremen Ideologie, mit dem vor allem Frauen und politisch weniger interessierte Menschen an die „Bewegung“ angebunden werden sollen. Offenbar mit Erfolg.

Zur Naturverbundenheit tritt die Heimatliebe und die Verklärung der antiken bis frühmittelalterlichen Geschichte der Germanen, die sich tapfer gegen die Römer wehrten und erst von christlichen Missionaren ihrer Kultur beraubt wurden. Das übliche Feindbild der Neuheiden ist denn auch das Christentum, insbesondere die Katholische Kirche. Nicht von ungefähr ist der Voigt-Rosenbergsche Neun-Millionen-Mythos besonders in neopaganen Kreisen virulent.

In Wahrheit hat die Kirche so etwas wie Kultur erst nach Mitteleuropa gebracht. Denn Kultur braucht Verstetigung. Die gab es bei den alten Germanen aber nicht, weder besondere Bauwerke noch Bücher oder Artefakte, die nicht zugleich Gebrauchsgegenstände waren. Bibliotheken gab es erst, als auf „deutschem“ Boden Kirchen und Klöster errichtet wurden. Eine Ausbildung in Kulturtechniken (wie Lesen und Schreiben) gab es ebenfalls erst mit dem Christentum.

Auch ethisch schneidet der Neopaganismus schlechter ab als die „böse Kirche“. Während der spätantiken Völkerwanderungen ging beispielsweise die Idee des gerechten Krieges, wie sie Augustinus entfaltet hatte, weitgehend unter und wurde wieder durch den „natürlichen“ Krieg ersetzt. Dieser kannte keine der für den bellum iustum-Topos üblichen Anfragen und Einschränkungen, sondern nur ein vorzivilisatorisches „Recht des Stärkeren“.

Ohnehin war Stärke im heidnischen Stammesdenken alles. Und auch der entscheidende Grund, den Gott der Christen nach einer militärischen Niederlage anzunehmen: Er hatte sich als der Stärkere erwiesen. Das allein zählte. Argumente und liebevolle Zuwendung waren in der Heidenmission de facto untaugliche Mittel. Welcher Gott lässt uns Schlachten und Kriege gewinnen? Das war die Frage des Heiden.

Schaut man sich Fälle wie den im Zuge von Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gestern verhafteten Burghard B. an, so scheint das Heidentum germanischer Prägung in den letzten 1500 Jahren nur wenig dazugelernt zu haben. Immerhin: Man nutzt moderne Technik für den Hass auf andere Religionen. Das ist allemal erstaunlich. So als naturverbundener Druide.

(Josef Bordat)

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