Ich hätte nicht gedacht, dass ich in diesem Leben je mit Alan Posener einer Meinung sein würde, aber nun ist es geschehen. Seine Rezeption einer Studie zum Schöpfungsglauben der US-Amerikaner in der Welt, die zuvor im Spiegel hanebüchen kommentiert wurde, trifft ziemlich genau den Punkt, den ich in dieser Frage auch mache: Der Schöpfungsglaube und die Evolutionstheorie stehen sich nicht als einander ausschließende Alternativen gegenüber.

Es ist wahr, dass uns, wie auch Posener meint, die Naturwissenschaft vor allem Demut gebietet, jene Demut, die es wohl braucht, wenn man den Gedanken an die Schöpfung und den Schöpfer gerade nicht auszuschließen will. Zumal man dies mit den Methoden der Naturwissenschaft gar nicht kann. Dass 90 Prozent der US-Bürger Schöpfung nicht ausschließen wollen, zeichnet sie also zunächst einmal als gute Wissenschaftstheoretiker aus – dann erst als religiöse Menschen.

Dass der von Posener als „Gegner des Rationalismus“ charakterisierte Benedikt in seiner Eigenschaft als einer der führenden katholischen Köpfe der Gegenwart nie müde wurde und wird, die Vereinbarkeit von Schöpfung und Evolution zu betonen, ist aber ebenso wahr. Auch, dass ich im Anschluss daran „als Katholik“ nicht notwendig „die Evolution leugnen“ muss, wie es eben jener Alan Posener einst im Eifer des (Wort)Gefechts suggerierte. Schwamm drüber.

Die einschlägige Lehre der Kirche fußt auf der Idee der theistischen Evolution bei Thomas von Aquin. Thomas spricht in seinem Kommentar zur Aristotelischen Physik von der Natur als „die den Dingen eingestiftete Vernunft einer Art Kunst, nämlich der göttlichen, durch welche diese Dinge auf ein bestimmtes Ziel hingeordnet werden“. Einfacher sagt es Pierre Teilhard de Chardin: „Gott macht, dass sich die Dinge selber machen.“ Der Gedanke ist in beiden Fällen ähnlich: Evolution ist eine vom Schöpfergeist Gottes inspirierte Entwicklung allen Daseins, die im Sein Gottes ihren Grund hat. Diese Idee sollten 100 Prozent der Menschen nicht ausschließen.

(Josef Bordat)