Fassungslos und tief erschüttert bin ich angesichts der Nachricht vom Anschlag auf eine Moschee in Ägypten. Nicht nur die große Zahl der Opfer (von mindestens 235 Toten ist die Rede), auch die Tatsache, dass Islamisten (ein lokaler Anleger des IS) Muslime beim Gebet in einer Moschee ins Visier nehmen, nur, weil ihre theologische Ausrichtung ihnen nicht passt (offenbar handelt es sich bei den Angegriffenen mehrheitlich um Anhänger des Sufismus, der islamischen Mystik, und vermutlich war das der Grund für die Auswahl dieses Ziels), lässt mich verstört zurück.

Und da erreicht mich dann auch noch eine – wie aus dem Kontext deutlich hervorgeht – provokant bis rein rhetorisch gestellte Frage: „Hätte Gott den Anschlag in Ägypten nicht verhindern können?“

Die Frage ist nicht unberechtigt, ja, zu bestimmten Zeiten haben die Gläubigen sie gestellt, nicht die, welche erkennbar den Glauben diskreditieren wollen. Das Hadern mit Gott ist eine legitime Form des Gebets, wie man unschwer an den Psalmen erkennt. Und Jesus ruft vom Kreuz herab: „Mein Gott, mein Gott – warum hast du mich verlassen?“.

Zur Frage. Ja, das hätte Er. Aber nur um den Preis der Freiheit des Menschen. Gott schuf den Menschen als freies Wesen, weil Er ihn liebt – und zur Liebe gehört Freiheit. Zugleich gibt Gott dem Menschen Gebote, damit dieser seine Freiheit in bestmöglicher Weise gebrauchen kann.

Eines dieser Gebote lautet: „Du sollst nicht töten“. Also, auch keinen Anschlag verüben. Damit ist die Sache eigentlich klar: Ein Mensch, der Gott fürchtet und Ihm vertraut, führt keine Terroranschläge aus. Die Freiheit des Menschen schließt jedoch die Möglichkeit ein, von diesem (oder einem anderen) Gebot Gottes abzuweichen.

Das Abweichen vom Gebot kann man aber nicht dem Gebieter anlasten – und in der Frage steckt ja doch ganz deutlich der Vorwurf, Gott sei letztlich Schuld, womit dann die nächste Frage auf der Hand liegt: „Wie kannst Du an einen solchen Sadisten glauben?!“ (Das wiederum enthält einen Kategorienfehler, denn man glaubt ja nicht in erster Linie, weil der Glaubensinhalt angenehm, sondern, weil er wahr ist).

Aber zurück zur Sache: Trägt Gott die Schuld? Nein, das tut Er nicht. Der Mensch, der Gottes Gebot bricht (wir erinnern uns: „Du sollst nicht töten“), trägt die Verantwortung für die Folgen dieses Bruchs. Gott lässt das aber zu, weil es sonst keine Freiheit gäbe – und damit auch keinen Menschen. Denn der Mensch lebt in und aus Freiheit.

Dass so abstrakt zu erörtern, fällt mir nicht leicht. Im Moment verfolgen mich die blutigen Bilder, jetzt denke ich vor allem an die Opfer, ihre Familien und Freunde. Aber ich wollte mich auch nicht vor einer Antwort drücken.

(Josef Bordat)