Die Wahrheit über Josef B.

11. Januar 2013


Oder: Das Weblog im Urteil der Zeitgenossen. Ein Beitrag in der Reihe „Fünf Jahre Jobo72“

Wer bloggt, wird beschimpft. Das ist ja das Schöne. Leider ist das Forum mit den schönsten Beschimpfungen meiner Person (Opinio von Rheinische Post Online) mittlerweile nicht mehr erreichbar, aber auch so kann man im Netz noch fündig werden.

Verbreiter „gelehrten“ Geschwätzes

In einem Beitrag zum Dauerbrenner „Glauben und Wissen“ hatte ich irgendetwas dazu gesagt, dass jener Glauben und jenes Wissen vielleicht doch keine unvereinbaren Dinge sind und bei dieser Gelegenheit Menschen kritisiert, die zu wissen glauben, aber nicht zu glauben wissen bzw. die glauben, dass sie wissen – und zwar so ziemlich alles. Klar, dass man daraufhin zur Räson gerufen wird:

„Josef Bordat soll nicht so viel ,gelehrtes‘ Geschwätz verbreiten, bei dem die Leute ihn einmal auslachen mit seiner Unfähigkeit und überdies noch das Vertrauen in die Wissenschaft verlieren werden.“ („Maulwurf“, am 19. Juli 2012)

Nun, gut. Das will ich natürlich nicht: Dafür sorgen, dass Menschen das Vertrauen in die Wissenschaft verlieren. Dass der Vertrauensverlust aber bereits einsetzt, wenn man nur mal zärtlich anzweifelt, ob wirklich jede Frage, die unsere Grammatik hergibt, eine einzige, letztgültige Antwort erhalten kann oder können sollte, und zwar vom Bio-Lehrer, das überrascht dann doch. Zumindest mich.

Weil ich die Stelle nicht mehr finden kann, wo ich ob dieser Zweifel in einem Die Tageszeitung-Kommentar „wissenschaftsfeindlich“ genannt werde und weil auch das Türkei-Forum, in dem bei mir „Wahrnehmungsstörungen“ diagnostiziert wurden, nachdem ich die Enteignung eines Klosters in der Türkei kritisiert hatte, nicht mehr abrufbar ist, wechseln wir das Thema.

Sie werden vielleicht fragen: „Ein Schwätzer mit Wahrnehmungsstörungen – lässt sich das noch übertreffen?“ Es lässt sich.

Ökofaschist

Zu einem Beitrag, in dem ich u. a. darüber berichtet hatte, dass der Vatikan über eine Solaranlage verfügt und den Kollege Alipius für „unterhaltsam und informativ“ hält, meint ein Kommentator:

„Da erklärt ein katholischer Ökofaschist einen anti-katholischen Ökofaschisten dass die katholische Kirche längst Mitläufer beim Ökofaschismus ist.“ („Anonym“, am 5. Januar 2011)

Doch damit nicht genug: Der „katholische Ökofaschist“ berichtet – wie könnte es anders sein – auch noch ziemlich unverblümt über die Misereor-Fastenaktion 2009, in deren Mittelpunkt „die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur [stehen] – und damit auf die Lebensgrundlage der Menschen. Am Beispiel Haiti wird die Dramatik deutlich: Durch Wirbelstürme und Starkregenfälle sind 90% der Ackerfläche von Erosion betroffen. Dadurch entstand in den letzten Jahren ein Verlust von Millionen Tonnen fruchtbarer Erde. Es ist diese Dramatik, die Misereor auf den Klimawandel schauen lässt. Neben dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der Münchener Rück Stiftung und dem Institut für Gesellschaftspolitik an der Hochschule der Jesuiten in München ist Misereor am Projekt ,Klimawandel und Gerechtigkeit‘ beteiligt, das Strategien entwickelt, Klimaschutz und Armutsbekämpfung zu verbinden.“ – Reaktion:

„Ich dachte, in unserer aufgeklärten Zeit und Zeit der schnellen Medien hätten Propagandaexperten ausgedient. Aber Herr Bordat kennt wahrscheinlich keine Suchmaschine. Seine Kombination von Erosion in Haiti mit Auswirkungen des (menschengemachten?) Klimawandels könnte blöder nicht sein.“ („Dachtender Mensch“, am 25. Februar 2009)

OK – kein Thema! Nur, dass es nicht originär meine „Kombination“ war, sondern die von „Misereor“ in Zusammenarbeit mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der Münchener Rück Stiftung und dem Institut für Gesellschaftspolitik an der Hochschule der Jesuiten in München. Und dass die nun alle „wahrscheinlich keine Suchmaschinen“ haben, das könnte in der Tat „blöder nicht sein“.

Blöderweise kann ich gar nicht genau sagen, ob ich, der „katholische Ökofaschist“, nun eher in meiner Eigenschaft als „katholisch“ oder als „Ökofaschist“ zur Kritik Anlass gebe. Beim Thema „Klimawandel“ reicht es allerdings schon aus, als Übersetzer in Aktion zu treten, um den geballten Zorn zu spüren:

„Und Du glaubst sowas überzogenes. […] Naivling.“ („Hafling“, am 2. Januar 2009)

Kommen wir von den eher plumpen Formen der Bewertung zur feinsinnigen Argumentation.

Rechthaberisch…

Zum Text Darf man Religion beleidigen? erhielt ich folgende Rückmeldung:

„Die Sünder müssen Kritik aushalten, Kritik an der katholischen Kirche ist unberechtigt. So stellt sich Ihre Meinung in Ihrem Blog dar. Es ist das alte Auftrumpfen: ,Aber wir haben Recht!‘ Nein, haben Sie nicht.“ („Gast“, am 4. Oktober 2012)

Doch, habe ich wohl! Punkt.

… und widerlich

„Jeder weitere Kommentar ist hier überflüssig, wenn man sieht wie dieser Herr Bordat sich nicht entblödet, Humala mit Hitler zu vergleichen. Widerlich.“ („Hingucker“, am 7. Juni 2011)

Richtig, das ist widerlich: Einfach so „Humala mit Hitler zu vergleichen“! Zu sagen: „Humala ist wie Hitler!“ Und dann gehen! Einfach so. – Schade nur, dass „Hingucker“ die mit Beispielen und Belegen angereicherte Darstellung einer Begründung des Vergleichs von Humala und Hitler übersehen hat (da ging es um die militärischen Wurzeln ihrer „Bewegungen“ und missglückte Putschversuche, um die Personifikation der politischen Programmatik , um die martialische Symbolik, um Militarismus, Revanchismus und die Rede vom „Erzfeind“, um Rassismus, Paternalismus und Antijudaismus, um Parallelen in der Wirtschaftspolitik: Sozialismus und Protektionismus). Aber wen interessiert’s?!

Ich gebe übrigens gerne zu, dass mein Urteil gegenüber Humala zu hart war. Als Präsident Perus hat er bisher eine weit bessere Figur gemacht, als ich es ihm zugetraut hätte, auch wenn der eine oder andere Zwischenfall für Aufsehen sorgt (vor kurzem hat sich ein Bruder Humalas als Unterhändler Perús ausgegeben, unautorisiert und ohne Wissen des Präsidenten, und sich ganz offiziell an die russische Regierung gewandt, um über Rohstoffe zu verhandeln und Verträge abzuschließen, die dann auf eigene Rechnung gelaufen wären – die Sache flog auf und ist selbst für peruanische Verhältnisse ziemlich peinlich).

Offenbar Pfarrer

Besonders stolz bin ich auf eine Einschätzung zum Ende einer längeren Diskussion, in die ich mich vor etwa vier Jahren hineingezogen sah, noch sehr unvorbereitet für das Medium, wie ich in der Rückschau zugeben muss. Die Erfahrungen aus dieser fruchtlosen Debatte (bei Punkt 16 geht es los) haben mich – so glaube ich zumindest – sowohl methodologisch wie auch theologisch geschult. Mittlerweile kann ich anhand einer solchen – für mich damals überraschend aggressiven – Diktion schneller entscheiden, ob ich eine Diskussion annehme oder mir die Mühe spare. Lehrjahre eines naiven katholischen Bloggers, der an das Gute im User glaubt und sich wohlwollend auf Gespräche einlässt, auch wenn das Gegenüber ihn offenkundig für einen debilen Völkermord-Fan hält. Mindestens. Vielleicht rechtfertigt das ja die Dialog-Robusta [Zwinker!].

Ach, so: die Einschätzung. Da ist sie: „Ich habe ein wenig über Ihren Hintergrund recherchiert. Sie sind ja offenbar Pfarrer. Sie bestreiten also Ihren Lebensunterhalt mit der Verkündigung von Absurditäten wie z.B. der Transsubstantion[sic!].“ („Sondermann“, am 26. Januar 2009)

Tja, wenn mein Job als Pfarrer Gegenstand der Offenbarungen ist, an die ein „Sondermann“ so glaubt… äh… von denen er weiß, dann wundert mich jetzt im Hinblick auf den Rest der Einlassungen nicht mehr ganz so viel. Meinen Lebensunterhalt bestreite ich übrigens mit dem Ausfüllen von Urlaubs- und Dienstreiseanträgen, die ich dann meist zurück erhalte, mit Hinweis darauf, dass es jetzt neue Formulare gibt, bei denen sich die Schriftart geändert hat. Also, das mit dem Lebensunterhalt und den Absurditäten, das ist… naja, wie soll ich sagen… grundsätzlich gar nicht mal so verkehrt.

Aber nicht allein, dass man mich in den Klerus hievt, nein, ich bin auch „Sprachrohr von Kath.net“. Glauben Sie nicht? Hier:

„Josef Bordat muss so argumentieren, ist er doch Sprachrohr von Kath.net“ (gefunden auf Facebook)

Na, dann ist ja alles klar.

Lügner

Von atheistischer Seite war es das freilich noch nicht. Eine oberflächliche Durchsicht einschlägiger Foren ergab, dass man mich aufgrund der Verteidigung Bischof Overbecks für einen „Lügner“ hält („Schön, was sich der Herr Bordat da alles zusammen lügt.“). Ungeachtet dessen hat sich Overbecks Büro bei mir dafür bedankt, dass die „Ausführungen im Blog den Hintergrund der Aussagen unseres Bischofs argumentativ gut begründet und nachvollziehbar aufgezeigt“ haben. „Lügner“ unter sich.

Haarsträubend

Aber nicht nur die Ungläubigen stehen Spalier für die tägliche User-Keile, auch Schwestern und Brüder sind manchmal… nun, ja:

„Tut mir leid, aber dieser Artikel aus dem Jahr 2008 ist haarsträubend. In gelehrter Sprache geschrieben, aber voll daneben geschossen. Viele Vorwürfe ,der‘ Befreiungstheologie gegenüber (welche der vielen Spielformen ist da bitte gemeint?) sind total unberechtigt, pauschalisierend und aus der Luft gegriffen. DISLIKE!!!“ („Weltdorf Pfarrer“ auf Facebook) zu Unverschämt? Befreiungstheologie zwischen Sozialarbeit und Kirchenkritik.

Tut mir leid, aber dieser Kommentar aus dem Jahr 2012 ist haarsträubend. In (naja!) gelehrter Sprache geschrieben, aber voll daneben geschossen. Viele Vorwürfe „wem auch immer gegenüber“ (dem Referenten bei der Veranstaltung, über die berichtetet wird, den Teilnehmern, dem Verfasser des Textes) sind total unberechtigt, pauschalisierend und aus der Luft gegriffen. LIKE!!!

So, das war’s dann. Das heißt – noch nicht ganz: Außerdem werde ich noch für Giftgasanschläge in Berlin verantwortlich gemacht.

Aber das versteht sich ja von selbst.

(Josef Bordat)

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