Christenverfolgung und Christentum

9. Januar 2014


Ich finde es ja gut, dass die Redaktion der Onlineausgabe der Wochenzeitung Die Zeit sich bemüht, den Kommentarbereich zu moderieren, allerdings finde ich es – aus rein akademischen Gründen – sehr schade, nun die Kommentare unter den jüngsten Artikel zum Thema Christenverfolgung anlässlich der Veröffentlichung des Open Doors-Weltverfolgungsindex 2014 nicht mehr lesen zu können. Andererseits muss es wirklich extrem schlimm zugegangen sein, ist doch gut ein Drittel der Kommentare entweder gelöscht oder mit Anmerkungen der Redaktion versehen. Wenn man dann noch die recht bescheidene Qualität der verbliebenen Kommentare betrachtet, will man die gelöschten Kommentare gar nicht unbedingt zu Gesicht bekommen, akademisches Interesse hin oder her.

Einem besonders motivierten Zeitgenossen ist derweil recht, was manch gelöschtem Kommentator offenbar billig war: „Ich finde es erschreckend, wie fälschlich positiv das Christentum gerade in Kommentaren nach derartigen Artikeln dargestellt wird.“ Das ist aber auch wirklich zum Heulen: Kaum werden 100 Millionen Christen verfolgt, schon wird darüber berichtet! Kaum wird darüber berichtet, schon vergessen einige, dass es hierzulande fälschlich ist, das Christentum positiv darzustellen! Es ist wirklich – erschreckend!

Vom Schrecken erholt, macht der Kommentator, der sich „TS89“ nennt, einer von allzuviel positiver Christentumsdarstellung leidgeprüften Öffentlichkeit doch noch Hoffnung: „Eins stimmt mich zuversichtlich“, so schreibt er, „Alle sogenannten ‚antiken‘ Religionen sind untergegangen. Die heutigen Religionen werden in den kommenden Jahrhunderten folgen.“ Na, das ist doch am Ende des Tages eine wirklich großartige Perspektive! Denn: Wo kein Christentum, da keine Christenverfolgung! Kommentator „AFX“ will unterdessen nicht so lange warten. „Schafft Religion ab, dann gibt es auch weniger hirnverbrannte Gründe für Grausamkeit.“

Wenn man mir schriftlich gäbe, dass die Abschaffung der Religion zugleich auch für weniger hirnverbrannte Grausamkeit im Kommentarbereich der Zeit sorgte, hätte ich gegen eine Abschaffung der Religion zum nächstmöglichen Zeitpunkt nichts einzuwenden. Dieser wäre dann übrigens der 28. Februar 2014 – Religion kann bekanntlich zum Monatsende abgeschafft werden, unter Wahrung einer vierwöchigen Kündigungsfrist. Religion ist schließlich kein Handy.

(Josef Bordat)

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