Das gestrige Franziskusfest auf der Fazenda Gut Neuhof bei Berlin war eine Feier ganz im Sinne des Heiligen Franz von Assisi: Bruder Sonne schien ohne Unterbrechung, das franziskanische Tau war überall zu sehen und die Einheit der Schöpfung, auf die der erste Ökologe der Menschheitsgeschichte schon Anfang des 13. Jahrhunderts hinwies, war ebenfalls spürbar.

Die Ordensgemeinschaft, die hinter der Fazenda steht und sie organisatorisch und spirituell trägt, ist die aus dem Franziskanerorden und der Fokolarbewegung entstandene Familie der Hoffnung. Familie und Hoffnung – um diese beiden Begriffe ging es auch auf dem Franziskusfest, das unter dem Motto stand: „Wir sind Familie, wir sind Hoffnung!“

Man wäre auch ohne Programmhinweis schnell darauf gekommen, dass hier ein Ort ist, an dem Beziehungen von Menschen voller Hoffnung wachsen. Das Wachstum in der Liebe zum Nächsten entsteht aus dem gelebten Evangelium, das die Grundlage all dessen bildet, was auf den Fazendas passiert. Und das ist eine Menge – weit über die Rekuperation von der Sucht hinaus.

Auch die Zahl der Fazendas weltweit nimmt stetig zu. Momentan sind es 111 Höfe, die von der Familie der Hoffnung betrieben und inspiriert werden. Die Frage nach den Grenzen des Wachstums im Hinblick auf das Konzept der Familie taucht im Laufe des Tages immer wieder auf: Kann man auch mit 150 oder 200 Höfen noch Familie sein – oder wird man irgendwann zum unverbindlichen Netzwerk?

Bruder Hans Stapel OFM, einer der vier Gründer der Fazendabewegung, erklärt, dass es nicht die Größe der Gemeinschaft ist, auf die es ankommt, sondern die innere Verbundenheit ihrer Mitglieder. Solange der Heilige Geist das Tempo des Wachstums bestimmt und nicht menschliche Maßstäbe Einzug erhalten, solange man nicht nach den Regeln der Welt, sondern nach den Geboten Gottes handelt, solange könne das Wachstum weitergehen.

Heilige Messe zum Abschluss des Franziskusfests auf der Fazenda Gut Neuhof mit Bruder Hans Stapel OFM. - Foto: JoBo, 10-2015.

Heilige Messe zum Abschluss des Franziskusfests auf der Fazenda Gut Neuhof mit Bruder Hans Stapel OFM. – Foto: JoBo, 10-2015.

In seiner Predigt hob Bruder Hans das Besondere an der Fazenda hervor: die Hoffnung, die auf Jesus Christus gegründet ist. Es ist die Auferstehungshoffnung, die bereits hier und jetzt den Alltag bestimmt. Ohne Gott, ohne Jesus, ohne Auferstehung gibt es keine Hoffnung – nicht in einer kleinen und nicht in einer großen Gemeinschaft. Darum sei entscheidend, so Bruder Hans , dass Christus auf den Höfen präsent ist – nur Er kann sie zu Höfen der Hoffnung machen.

Diesen Zusammenhang zwischen Glaube, Hoffnung und Liebe kann man – weil es der 3. Oktober ist – durchaus auch auf unser Land beziehen. Vielleicht ist das Fehlen einer lebendigen, also: tagtäglich gelebten Gottesbeziehung auch ein Ansatz zur Erklärung des eigenartigen Phänomens, dass wir trotz Freiheit, Wohlstand und Frieden so viel Hoffnungslosigkeit in unserer modernen Gesellschaft haben, dass seelische Erkrankungen zunehmen und auch das Suchtverhalten, gegen das die Fazenda ursprünglich einmal gegründet wurde.

Doch die Fazendas erscheinen jedem, der sich ihnen mit offenem Herzen aufrichtig nähert, weniger als Einrichtung, sondern vielmehr als Ausrichtung – auf den Gott der barmherzigen Liebe, auf Jesus Christus, der die Hoffnung ist, und auf die vom Heiligen Geist durchwirkte Gemeinschaft.

So sind und bleiben die Fazendas Hoffnungsorte einer Familie, die mittlerweile eine Großfamilie ist, die aber – solange sie Gott als den Vater und Jesus als den Bruder erkennt – ruhig noch weiter wachsen und einer glaubensarmen Zeit den engen Zusammenhang von Freude und Freiheit, Liebe und Hoffnung vermitteln kann. Um es mit Franz von Assisi zu sagen: „Ein Mensch mit gütigem, hoffendem Herzen fliegt, läuft und freut sich; er ist frei. Weil er geben kann, empfängt er; weil er hofft, liebt er.“

(Josef Bordat)