Kirche im Nationalsozialismus. Programmhinweis

21. Januar 2016


Heute um 20:30 Uhr spreche ich in der Radio Horeb-Sendereihe Faktencheck Kirchengeschichte über die Kirche im Nationalsozialismus.

Dabei werde ich (ausgehend von der Tatsache, dass „katholisch“ bedeutet: allgemein) die These vertreten, dass Rasse (Faschismus) und Klasse (Kommunismus) keine Kategorien katholischen Denkens sind und dieser Umstand die Kirche frühzeitig in einen Grundkonflikt mit beiden Totalitarismen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachte, auch mit dem Nationalsozialismus.

Die Katholische Kirche in Deutschland befand sich jedoch – wie viele andere Einrichtungen auch – in einer Zwangslage. Die ihr oft zugesprochene Macht wich nach 1933 rasch einer zunehmenden Ohnmacht, aus der heraus kaum noch etwas auszurichten war. Maßnahmen gegen die Nationalsozialisten anzuregen, hatte zur Folge, dass man große Gefahr lief, ihre Gewalt zu mehren. Das konnte keiner wollen.

Dennoch erhebt sich die Frage (nicht nur im Interview), warum nicht mehr Widerstand geleistet wurde seitens der Kirche, flächendeckend womöglich – und nicht nur von einigen herausragenden Persönlichkeiten. Das ist eine berechtigte Frage. Man muss allerdings auch wissen, dass es vielfach Widerstand auch „an der Basis“ gab, der gar nicht so bekannt wurde, entweder, weil er im Stillen geschah, dass also etwa Juden versteckt wurden etc., oder aber, dass er „nur“ die Kirche selbst betraf und deshalb in den Geschichtsbüchern mangels allgemeiner Relevanz nicht auftaucht.

Ob die Christen denn nicht besonders anfällig waren für das pseudoreligiöse Pathos der Nationalsozialisten, wurde ich gefragt. Ja, mussten die Christen in ihrer Messias- und Heilserwartung nicht zwangsläufig auf jemanden wie Hitler hereinfallen? Hätte also die nationalsozialistische Bewegung auch dann Erfolg gehabt, wenn die Deutschen mehrheitlich kritische Atheisten gewesen wären?

Diese Hypothese setze viel voraus, gab ich zur Antwort.

Zum einen, dass Atheisten tatsächlich an nichts glauben und nicht nur nicht an Gott. Dass also in ihrem Kopf absolute Klarheit herrscht und nicht etwa ebenso kleine Heilsbringer ihren Platz hätten, über die und mit denen sie verführbar sind. Wenn man sich die geradezu absurde Wissenschaftsgläubigkeit anschaut, die in diesen Kreisen die Religion ersetzt, dann weiß ich nicht, ob man sich dann nicht etwa von der Rassenlehre hätte überzeugen lassen, die ja als „wissenschaftlich“ bezeichnet wurde.

Zum anderen hieße das ja, dass bei religiösen Menschen die Messiasvorstellung eine Variable, der Heilsbringer mithin austauschbar sei. Also: Hitler statt Jesus. Das ist aber nicht so ohne weiteres möglich. Eigentlich ist es unmöglich: Wer den Messias heute mit Jesus Christus identifiziert, kann ihn nicht morgen mit Adolf Hitler identifizieren.

Wir haben in der Tat zwei Gruppen, die wirklich massiv Widerstand übten: Intellektuelle, die zum größten Teil aber rechtzeitig auswanderten, auch auswandern konnten, weil sie entsprechende Kontakte hatten, und sehr gläubige, überzeugte, aktive, praktizierende, hochreligiöse Menschen, die dezidiert als Christen Widerstand leisteten. Auch in der DDR war das so. Und dort begann der flächendeckende Widerstand, der schließlich zum Ende des sozialistischen Regimes führte, nicht in atheistischen Kreisen, sondern in der Kirche.

Mehr dann ab 20:30 Uhr in Radio Horeb.

(Josef Bordat)

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