Jesus und Petrus

28. Juni 2016


Einer der Streitpunkte zwischen den christlichen Konfessionen des Katholizismus und des Protestantismus ist der, wie die Rolle des Petrus zu deuten ist. Ein Apostel unter zwölfen, oder doch eher ein herausgehobener Jünger in der Nachfolge Jesu, auf den sich die Kirche stützen kann?

Wenn man sich die Bibel anschaut (und das sollte man ja gerade dann, wenn man „sola scriptura“ zum Markenkern des Christentums erklärt hat), so stellt man fest, dass Jesus eine ganz besondere Beziehung zu Petrus hatte. Und: Petrus hatte seinerseits eine besondere Beziehung zu Jesus.

Zunächst erscheint Petrus (noch als Simon) unter den erstberufenen Jüngern Jesu. Dann gibt ihm Jesus einen neuen bedeutungsvollen Namen (Petrus – „Fels“). Jesus heilt seine Schwiegermutter (über die Verhältnisse der anderen Apostel erfahren wir nichts) und Er nimmt ihn mit, wenn es kritisch wird (etwa in der Nacht vor der Kreuzigung in den Garten Gethsemane am Ölberg, bis an die Stelle, an der Er zum Vater betet).

Jesus wäscht Petrus im Abendmahlssaal die Füße. Gemälde in der Sakramentskapelle der Kathedrale von Barcelona. Foto: JoBo, 04-2014.

Jesus wäscht Petrus im Abendmahlssaal die Füße. Gemälde in der Sakramentskapelle der Kathedrale von Barcelona. Foto: JoBo, 04-2014.

Petrus ist dabei, wenn ganz besondere Ereignisse sich vollziehen (etwa die Verklärung auf dem Berg Tabor). Jesus nimmt die Fußwaschung an ihm vor (nur diese ist bei Johannes geschildert, neben einem Dialog zwischen Jesus und Petrus, aus dem die Bedeutung der Zeichenhandlung hervorgeht). Schließlich verleiht Jesus zunächst dem Apostel Petrus die Binde- und Lösegewalt, die „Schlüssel des Himmelreichs“.

Der Schlüssel als Attribut des Hl. Petrus (zur Linken Marias mit dem Jesuskind; rechts der Hl. Paulus). Fenster in der Pfarrkirche St. Peter und Paul, Straelen. Foto: RVB, 04-2006.

Der Schlüssel als Attribut des Hl. Petrus (zur Linken Marias mit dem Jesuskind; rechts der Hl. Paulus). Fenster in der Pfarrkirche St. Peter und Paul, Straelen. Foto: RVB, 04-2006.

Petrus wiederum bekennt sich zu Jesus als den Messias; die anderen haben da offenbar Zweifel. Jesus seinerseits scheint gar nicht mit dem Messiasbekenntnis in dieser Klarheit gerechnet zu haben und hebt Petrus aus dem Kreis Seiner Jünger als besonders begnadet hervor. Petrus aber verleugnet Jesus – trotz Treueschwur kurz zuvor – dreimal, also: Nicht nur aus Versehen, sondern ganz bewusst.

Jesus erneuert jedoch nach Seiner Auferstehung die Beziehung zu Petrus mit der dreifachen Frage nach Petri Liebe bzw. Freundschaft und erteilt ihm zugleich den Auftrag, Hirte der ganzen Kirche zu sein, in der sich die Jünger Jesu – wie Schafe und Lämmer im Stall – sammeln sollen, um Schutz, Gemeinschaft und Fürsorge zu erfahren.

Man erkennt: Jesus und Petrus haben eine ganz besondere Beziehung zueinander, die sich in der Katholischen Kirche darin ausdrückt, dass der Bischof von Rom in der Nachfolge Petri, der für die und in der ersten Christengemeinde Roms wirkte, einen ganz besonderen Platz einnimmt.

(Josef Bordat)

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