Zwanzigster Juli

20. Juli 2013


Berlin ist bekanntlich arm, aber sexy. Wir begeben uns gerne in unsere Rolle. Sei Hartz, sei vier, sei Berlin! Nur, wenn ich dann – wie vor einiger Zeit – in der BZ lese: „Terroristen drohen Berlin!“, dann frag’ ich mich: Womit? Ich persönlich glaube außerdem, die Terroristen wollen gar nicht nach Berlin. Und wenn, dann finden die eh nie ihr Anschlagsziel („Welche‘ Bezirk, Alta? Straße gib‘ vier mal in Berlin!“).

Es ist – und damit komme ich zum heutigen Gedenken an das Attentat auf Hitler – wirklich ein Wunder, dass Stauffenberg den Bunker gefunden hat. Mit einem Auge. Das ist so bewundernswert, dass Tom Cruise 2008 einen Film darüber gedreht hat, also darüber, wie Stauffenberg den Bunker sucht und schließlich findet. Viele – unter anderem die BZ – haben damals bemängelt, dass man in Valkyrie so wenig von Berlin sieht. Vom heutigen Berlin.

Find ich auch blöd. Denn, man stelle sich die folgende Szene vor: In der U-Bahn Tom Cruise mit seiner Aktentasche. Daneben die Terroristen mit ihrem Stadtplan („Frohnau, Friedenau, Friedrichstraße, Friedrichsruher Damm.“ – „Ja, so ähnlisch wa’!“ – „Scheiße, Alta!“). – „Schönen guten Tag, BVG, die Fahrausweise zur Kontrolle!“ – „…die neuste Ausgabe des Untermenschenmagazins ,Der Arier’. ,Der Arier’ kostet 1 Reichsmark 20. 80 Pfennig gehen an die Waffen-SS und der Rest auch.“ – Die Kontrolleure (Orlando Bloom und Bratt Pitt) nähern sich. Oben ohne, man muss an die Zielgruppe denken. Ja, wer kauft denn das überteuerte Popcorn? Also! – „So, ma bitte Ihren Fahrausweis!“ – Tom Cruise alias Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg springt auf, hält sich den Koffer vor die Brust und sagt mit lauter, fester Stimme: „In meinen Händen liegt das Schicksal Deutschlands!“ – Bloom (zu Cruise): „Naja, ,Führerhauptquartier’ bis ,Führerbunker’ – det is trotzdem keene Kurzstrecke, Meesta!“ – Pitt (zu den Terroristen): „Da müssta zum jegenüberliegenden Gleis, in de andere Richtung.“ – „Andere Gleis, andere Rischtung! Sag isch ganze Zeit, Alta! Hätten wir schon im Paradies sein können!“

Na, und das alles entgeht uns, bloß, weil so ein Film historisch korrekt sein will. Ernst Marischka dreht sich im Grabe um. Weiß auch nicht, wie ich da jetzt drauf komme. Die Hitze, wahrscheinlich die Hitze.

(Josef Bordat)