Mittlerweile habe ich zu der inkriminierten Predigt des Pastors Olaf Latzel mehr Information und muss noch einmal betonen: Das ist sicher nicht der Exponent guter Homiletik und zudem – was den Katholizismus angeht, da kann ich das etwas beurteilen – von tiefer Unkenntnis geprägt. Mein Rat über den konfessionellen Graben hinweg: Sachkunde und Mäßigung sollten dringend auf die To do-Liste.

Was mir aber weit mehr Sorgen macht als ein einzelner Prediger, der sich im Ton vergreift, das ist der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft nun ermittelt, auch in Richtung Volksverhetzung. Also, ich kann als Katholik vielleicht noch am ehesten die Polemik Latzels gegen die Katholische Kirche beurteilen und muss sagen: Da klaffen riesengroße Wissenslücken, die mit frecher Diktion überspielt werden, aber verhetzt wird dabei Niemand. Wirklich nicht.

Was mir am meisten Sorgen macht, dass ist, wie die Zeitung Die Welt allgemeine Grundsätze des Rechtsstaats mit dem Fall in Verbindung bringt und zumindest unterschwellig deren Geltungskraft hinterfragt. Der Artikel über den „Fall Latzel“ schließt mit dem Satz: „In den Gemeinden des Stadtstaates [Bremen, J.B.] gilt eine verbriefte Lehr-, Glaubens- und Gewissensfreiheit.“

Und? Was will uns der Verfasser dieser Zeile mitteilen? Dass es sich dabei um eine Bremer Ausnahmeregelung handelt, die angesichts des Vorfalls dringend auf den Prüfstand gehört? Oder sollte man diese ominöse „Lehr-, Glaubens- und Gewissensfreiheit“ überhaupt mal überdenken, wenn sie tatsächlich deutschlandweit gilt? Vor allem aber: Brauchen wir das eigentlich noch – Lehre, Glaube, Gewissen? Jetzt noch?

(Josef Bordat)