AG Savita Halappanawar

29. September 2014


Mittlerweile hat sich eine Gruppe zu dem Anschlag auf die Herz-Jesu-Kirche in Berlin bekannt. Sie nennt sich „AG Savita Halappanawar“. Die Täter nehmen damit Bezug auf eine Frau, die vor zwei Jahren nach Schwangerschaftskomplikationen in Irland verstarb. Schuld an ihrem Tod sei, so die einhellige Meinung in der Gesellschaft, die Katholische Kirche mit ihrer „mittelalterlichen, menschenverachtenden“ Moral, die „Selbstverständlichkeiten“ wie eine Abtreibung immer noch als ethisches Problem ansehe.

Der Berliner Kollege King Bear hatte sich damals intensiver mit dem Fall befasst und kommt zu folgendem Urteil: „Zusammenfassend kann man sagen, die puren Fakten des Falles lassen die Behauptung, das auf dem Menschenbild und der Morallehre der Katholischen Kirche aufbauende irische Abtreibungsstrafrecht habe Savita Halappanavar getötet, gegenstandslos erscheinen.“ Gegenstandslosigkeit ist aber heutzutage kein hinreichender Grund, nicht doch gegen die Katholische Kirche Stimmung zu machen. King Bear über einen Spiegel-Text zu dem Fall: „Das stört den SPIEGEL aber nicht im Geringsten. Mit frappierender Offenheit argumentiert der Artikel vielmehr, die allgemeine Trauer, Wut und Empörung über diesen Todesfall biete einen guten Anlass, endlich mal gegen das lästige und anachronistische Abtreibungsverbot vorzugehen.“

Und genau das tun die Täter ihrem Selbstverständnis nach: „gegen das lästige und anachronistische Abtreibungsverbot vorgehen“. Nicht nur, dass sie dabei der oberflächlichen medialen Diskussion des Falles auf den Leim gehen, nicht nur, dass sie zu meinen glauben, vermeintlichem „Unrecht“ könne man mit tatsächlicher Gewalt begegnen, die offenbar in noch größerem Stil geplant ist, wenn man einschlägigen Einträgen in Online-Foren trauen darf, in denen mit Bezug zum Marsch für das Leben davon die Rede ist, in Zukunft „nicht nur eure Holzkreuze zu zerschmettern“ (sondern auch?), nein, sie instrumentalisieren auch das Opfer, Savita Halappanavar, über ihren Tod hinaus für eigene Zwecke, denn trotz Gegenstandslosigkeit der Referenz erhalten die Gewalttaten durch ebendiese das Prädikat „akzeptabel“. Da rächt sich dann halt die Vertreterin des Opfers in Gestalt einer „AG“ in Form eines Zornesaktes an der „eigentlichen Haupttäterin“, der Kirche. Zeitgeist: „Na, und?“.

Dass sie, die Damen und Herren der „AG Savita Halappanawar“ und ihr Unterstützerumfeld, die Position dieser Kirche in der Abtreibungsfrage nicht verstanden haben, zeigen sie ja ohnehin immer wieder, hier tun sie es jedoch besonders deutlich: Die Katholische Kirche akzeptiert nämlich einen notwendigen medizinischen Eingriff, dessen Ziel die Rettung der Mutter und nicht der Tod des Fötus ist, auch dann, wenn dieser als Folge des Eingriffs einzutreten droht. Der Tod eines Menschen – welcher Eigenschaft dieser Mensch auch sei – kann jedoch niemals das Ziel eines medizinischen Eingriffs sein. Dass die Kirche an derart „mittelalterlichen, menschenverachtenden“ Differenzierungen festhält, kann man ihr zum Vorwurf machen. Mehr aber auch nicht.

(Josef Bordat)

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