Würde und Freiheit. Die Überwindung der Sklaverei

29. Oktober 2015


Im heutigen 7. Teil des Faktencheck Kirchengeschichte (20:30 Uhr im Radio Horeb) geht es um die Sklaverei und ihre Überwindung durch das Christentum, dessen Leitmotive Würde und Freiheit für die Abschaffung der Sklaverei entscheidend waren. Denn: Nur im Christentum wird Sklaverei überhaupt zum moralischen Problem, einzig die Christenheit leitete folgerichtig ihre Abschaffung ein. Während die großen Philosophen der Aufklärung die Sklaverei noch im späten 18. Jahrhundert mit rassistischen Argumenten rechtfertigten, hatte das Wirken von Christen in Nordamerika längst zur Ächtung von Sklavenhandel und Sklavenbesitz beigetragen. Sie setzten sich für die Würde und Freiheit der Sklaven ein, weil sie in der christlichen Botschaft von der Erlösung des Menschen durch den Sühnetod Christi das Motiv für die Befreiung aller Menschen entdeckten.

Die Christenheit sorgte also dafür, dass es Freiheit für alle Menschen gibt, weil alle Menschen als Ebenbilder Gottes die gleiche Würde haben – ungeachtet ihrer Herkunft und Hautfarbe, weil alle Menschen von Christus zur Freiheit befreit wurden (vgl. Gal 5, 1). Die ganze Christenheit? Leider: nein. Während die Evangelikalen in den USA die befreiende Botschaft des Christentums aufnahmen, um sie politisch umzusetzen, blieben die Päpste in der Sklavenfrage lange bei ihrer moraltheologischen Zurückhaltung und sprachen sich erst im 19. Jahrhundert entschieden gegen die Sklaverei aus, als die nordamerikanischen Christen längst die Pionierarbeit geleistet hatten. Dann taten sie dies allerdings sehr deutlich, mit der Formulierung einer sehr wirkmächtigen Soziallehre (darum wird es im 8. Teil des Faktencheck Kirchengeschichte gehen).

Das Ende der Sklaverei hängt also eher mit christlichen Prinzipien als mit kirchlichen Institutionen zusammen. Tatsächlich kann man den Freiheits- und Menschenrechtsdiskurs von zwei Seiten betrachten – einerseits in einer langfristigen ideengeschichtlichen Perspektive, andererseits in einer kurzfristigen rechtshistorischen Sicht. Langfristig war die Triebkraft des Christentums entscheidend, damit die Idee der Menschenrechte aus dem Gedanken der geschöpflichen Würde des Menschen und als Ausdruck der besonderen Stellung, die der menschlichen Person durch die befreiende Botschaft des Evangeliums Jesu Christi zukommt, entstehen konnte. Kurzfristig betrachtet hat die Kirche bei der rechtsverbindlichen Umsetzung gebremst.

Man kann es vielleicht so zusammenfassen: Ohne die Institution Kirche als politisch wirksamer Machtfaktor, als weltliche Repräsentation der Christenheit wäre die Menschenrechtsidee möglicherweise früher und flächendeckender umgesetzt worden, ohne Christentum hingegen wäre sie mit Sicherheit gar nicht erst entstanden.

(Josef Bordat)

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