„…da rastete er völlig aus“. Christ sein in Deutschland

23. Februar 2015


„Ich freue mich schon sehr darauf, dass Du mir das Sakrament der Heiligen Firmung spenden wirst. Diese Freude kann ich leider mit einigen Menschen an meiner Schule nicht teilen. Als mich unser Klassenlehrer fragte, auf was wir uns in diesem Sommer freuen, und ich sagte, dass ich mich auf meine Firmung freue, da rastete er völlig aus. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass wir katholische Christen sind und dass die Firmung die Bekräftigung unseres Glaubens ist, aber er hat nur noch geschrien und mich vor der ganzen Klasse heruntergemacht. Ein Junge aus der anderen Klasse, der auch zur Firmung gehen soll, traut sich gar nicht mehr, in der Schule davon zu sprechen.“ Diese Zeilen schrieb eine Firmbewerberin an den Bischof von Dresden-Meißen, Dr. Heiner Koch, wie dieser in seinem Hirtenwort zur Fastenzeit den Gläubigen der Diözese mitteilt.

Ein Pädagoge „rastete völlig aus“, „hat nur noch geschrien“ und eine Schutzbefohlene „vor der ganzen Klasse heruntergemacht“, weil sie katholische Christin ist. Nein: Weil sie es gewagt hatte, diese Tatsache zuzugeben. In der Schule, einem weltanschaulich neutralen Lernort, wo das Mobbing den Lehrkräften vorbehalten und scheinbar völlig in Ordnung ist. Solange es nur gegen Menschen mit religiösem Bekenntnis geht.

Aus dem Geschichtsunterricht habe ich dieses Foto in Erinnerung: Zwei dunkelhaarige Kinder stehen mit gesenkten Köpfen vor einer Tafel, auf dieser die Worte: „Der Jude ist unser größter Feind!“ Ein Symbolfoto für die gezielte Demütigung jüdischer Schülerinnen und Schüler durch ihre Lehrer in den 1930er Jahren. Sie wurden damals „vor der ganzen Klasse heruntergemacht“. Vermutlich, nachdem der zuständige Pädagoge „völlig ausgerastet“ war und „nur noch geschrien“ hatte.

Gibt es irgendwelche Reaktionen auf die Darstellung im Hirtenwort Bischof Kochs? Nein. Jedenfalls kann ich trotz intensiven Bemühens im Internet nichts finden. Auch keine unmittelbare Reaktion gestern (das Hirtenwort wurde am Wochenende in den Heiligen Messen des Bistums Dresden-Meißen verlesen), weder vom Zelebranten, noch – im Anschluss an die Messe – von anderen Gottesdienstbesuchern (ich war zu Gast im Winfriedhaus Schmiedeberg, einer diözesanen Jugendbildungsstätte südlich von Dresden).

Bischof Koch führt mit dem Zitat aus dem Brief der Firmbewerberin in sein Hirtenwort ein, um zu vermitteln, wie dringlich es ist, dass „wir Christen einander nicht alleine lassen“, denn: „Wir brauchen einander!“ Das ist pastoral nur die halbe Miete, denn es kann nicht sein, dass in Deutschland Kinder und Jugendliche von höchster Stelle (und ein Klassenlehrer ist in dieser Situation eine solche) gedemütigt und eingeschüchtert werden und die einzige Reaktion sind Durchhalteparolen (so wichtig das Zusammenstehen als große Gemeinschaft in Christus auch sein mag).

Sicher: ein Einzelfall. Sicher: in der Diaspora. Aber um zu verhindern, dass der ausrastende, schreiende Lehrer, der Schülerinnen und Schüler „vor der ganzen Klasse heruntermacht“, weil und soweit sie katholisch sind, zum Normalfall in Deutschland wird, braucht es neben der Geschlossenheit der Christen auch ein deutliches Wort des Hirten an die Wölfe, die darauf eingerichtet sind, seine Schafe zu reißen. Der Firmbewerberin wünsche ich viel Kraft, auf dass sie im Alltag von ihrer Glaubensfreude getragen werde.

(Josef Bordat)

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