Leid und Glaube

10. Juli 2017


Wo ist Gott, wenn es mir schlecht geht? Wo ist Gott, wenn Terror und Katastrophen Menschenleben jäh zerstören? Wie kann man angesichts des erkennbar Bösen in der Welt und des persönlich erfahrenen Leids an Gott glauben? Das sind Fragen, die Menschen nachweislich seit 3000 Jahren stellen.

Viel ist darüber geschrieben worden, ganz bekannte philosophische Auseinandersetzungen sind aus dem Nachdenken heraus entstanden, wie etwa Leibnizens Theodizee, aber auch ganz intime Zeugnisse von Menschen, die im Leid mit Gott ringen. Stellvertretend für viele steht Hiob, der trotz großer Not an Gott festhält – und dafür am Ende belohnt wird.

Geht es also darum: Das Leben als Prüfung, die es zu bestehen gilt, wenn man versetzt werden will? Wenn dem so ist, welche Rolle spielt dann der Glaube? Gott bewahre nicht vor Not, sondern in Not, so heißt es in einem Kirchenlied. Im gestrigen Evangelium (Mt 11, 25-30) erhalten wir den entscheidenden Hinweis. Jesus sagt dort, dass sein Joch nicht drücke und seine Last leicht sei (vgl. Mt 11, 30). Er sagt nicht: Ich nehme das Joch weg und befreie von jeglicher Last.

Die Nachfolge Christi ist also auch nur eine Möglichkeit, die Prüfung zu absolvieren. Sie entfällt für Christen nicht etwa. Doch die Chancen, mit Jesus die Prüfung zu bestehen, steigen beträchtlich. Weil Jesus selbst die Prüfung auf sich genommen hat, das Kreuz, ist es naheliegend, dass dies auch von denen verlangt wird, die ihm nachfolgen wollen.

Es ist allzu menschlich, diesen Kreuzweg nicht gehen zu wollen. Es ist ebenso menschlich, an Heilsversprechen zu glauben, die ein Leben ohne Joch und Last in Aussicht stellen. Utopien eines „Paradies auf Erden“ sind anziehend, auch dann, wenn historische Versuche gescheitert sind. Das Christentum hingegen ist keine Utopie, sondern eine anspruchsvolle Anleitung für die Daseinsbewältigung inmitten von Not und Leid, die hilft, daran nicht zu zerbrechen. Nachfolge Christi ist Erhalt im zeitlichen Unheil, um das ewige Heil zu erlangen.

(Josef Bordat)