Religion als Problem

19. Oktober 2015


Dass Religion praktisch nur noch als Problem gesehen wird, das es möglichst rasch loszuwerden gilt, ist das eine. Ich will mal so sagen: Daran gewöhne ich mich allmählich. Es fällt schwer, aber was soll’s. Dann ist es eben ein Problem. Dann bin ich eben blöd. Dann bin ich eben böse.

Was mich aber doch so ein ganz kleines bisschen ärgert – und damit sage ich Ihnen, so Sie öfter hier vorbeischauen, nichts Neues -, das ist die Tatsache, dass in Artikeln und Kommentarbereichen immer wieder der gröbste Unfug, die dreistesten Lügen und die uninformiertesten Falschdarstellungen durchgehen, solange sie darauf abzielen, Religion im Allgemeinen oder das Christentum im Speziellen zu diskreditieren, damit das mit der Problematisierung eben auch dann hinkommt, wenn es – ich sag jetzt mal – um den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht, den ein Moslem bekommt, der sich versöhnlich über das Christentum äußert. Frieden? Versöhnung? – Problem!

Also: Ist in irgendeinem Text von Religion oder Christentum auch nur die Rede, kommt irgendwo in den Kommentaren ein pejoratives „Mittelalter“ daher (warum auch immer), verbunden mit der Befürchtung, die Errungenschaften der „Aufklärung“ (offenbar der Gegenbegriff) seien gefährdet, denn schon bald – Macht der Kirche und so – müsse man wohl wieder glauben, die „Erde sei eine Scheibe“ (was die mittelalterliche Kirche nie glaubte; erst ab dem 18. Jahrhundert wurde ihr das unterstellt, um ihre Rückständigkeit zu „zeigen“), müsse man bald wieder darüber diskutieren, „wieviele Engel auf eine Nadelspitze passen“ (worüber in der mittelalterlichen Kirche nie diskutiert wurde, erst ab dem 16. Jahrhundert wurde ihr das unterstellt, um ihre Weltfremdheit zu „beweisen“) und müsse man schließlich damit rechnen, „auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, wie Millionen Hexen damals“ (was mit der Katholischen Kirche, zumal der mittelalterlichen, sehr wenig zu tun hat; erst ab dem 19. Jahrhundert wurden ihr die Millionen Hexen untergeschoben, um… na, ja überhaupt).

Man ist geneigt (und soll es auch wohl sein), Religion, Christentum und Kirche aufgrund eindeutig erwiesener Rückständigkeit, Weltfremdheit und überhaupt als Problem anzusehen. Damit schließt sich der Kreis. In Wirklichkeit ist es eine Abwärtsspirale. Das werden wir merken, wenn wir unten angekommen sind.

(Josef Bordat)

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