Würde und Selbstbestimmung (3). Die katholische Perspektive

28. Mai 2015


Warum in der Sterbehilfedebatte zu Unrecht mit der Autonomie des Menschen argumentiert wird

In der Debatte um Sterbehilfe rückt sehr schnell ein Begriff in den Mittelpunkt: Selbstbestimmung. Auf diese habe der Mensch ein Recht – immer. Ist es nicht tatsächlich der höchste Ausdruck von Würde, in der Frage nach Leben und Tod selbst eine Entscheidung zu treffen? Wenn nicht da, wo sonst? Schauen wir, was aus Philosophie, Theologie und Kirchenlehre zur Beantwortung dieser Frage entnommen werden kann. Begonnen hatten wir mit der philosophischen Perspektive (Kant), haben dann gestern die christliche Schöpfungstheologie bemüht und wollen heute mit der katholischen Morallehre schließen.

Die Positon der Katholischen Kirche fasst die Überlegungen zu Subjektivität, Sittlichkeit und Würde in der Forderung nach „Achtung vor der menschlichen Person“ zusammen. In der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt es: „Was ferner zum Leben selbst in Gegensatz steht, wie jede Art Mord, Völkermord, Abtreibung, Euthanasie und auch der freiwillige Selbstmord; was immer die Unantastbarkeit der menschlichen Person verletzt, wie Verstümmelung, körperliche oder seelische Folter und der Versuch, psychischen Zwang auszuüben; was immer die menschliche Würde angreift, wie unmenschliche Lebensbedingungen, willkürliche Verhaftung, Verschleppung, Sklaverei, Prostitution, Mädchenhandel und Handel mit Jugendlichen, sodann auch unwürdige Arbeitsbedingungen, bei denen der Arbeiter als bloßes Erwerbsmittel und nicht als freie und verantwortliche Person behandelt wird: all diese und andere ähnliche Taten sind an sich schon eine Schande; sie sind eine Zersetzung der menschlichen Kultur, entwürdigen weit mehr jene, die das Unrecht tun, als jene, die es erleiden. Zugleich sind sie in höchstem Maße ein Widerspruch gegen die Ehre des Schöpfers.“ (Gaudium et Spes, Nr. 27)

Wenn nun jemand sein eigenes Leben auslöscht, fallen Unrecht tun und Unrecht erleiden in eins. Um wieviel größer ist damit die Entwürdigung des Menschen und der Widerspruch gegen die Ehre Gottes! Die Selbstbestimmung des Subjekts endet für die Katholische Kirche also dort, wo durch die Handlung das Objektive verletzt wird: die Würde des Geschöpfs, die Ehre des Schöpfers und das, was als wesentlicher Teil der sich in Freiheit entfaltenden Schöpfung gelten kann: die menschliche Kultur.

(Josef Bordat)

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