Die Umwelt, das Klima und der Öko-Papst

10. Juni 2015


Egal, was drin steht, in Papst Franziskus‘ mit Spannung erwarteter Umweltenzyklika Laudato si, eines steht bereits jetzt fest: Es wäre völlig falsch zu meinen, Papst Franziskus sei der erste Papst, der sich um Umweltfragen kümmert, zu glauben, vor dem Öko-Papst aus Argentinien seien nur Ignoranten am Werk gewesen. Denn: Egal, ob man das Engagement des Vatikan für die Umwelt gut oder schlecht findet – neu ist es nicht. Wie sollte es auch? Die auf der Schöpfungstheologie und der Lehre Jesu basierende christliche Lebensschutzethik umfasst auch die nicht-humane Umwelt, ohne dabei die nicht bloß graduellen, sondern prinzipiellen Unterschiede zwischen Mensch und Tier zu verwischen. Und daran richtet sich die Kirche aus.

Beispiel 1: Veggieday. Während der fleischlose Tag in Europas Kantinen seit einigen Jahren ein hart umkämpftes Gebiet einer kulturellen Umgestaltung der okzidentalen Lebenswelt zu sein scheint, ist er in der Kirche seit Jahrhunderten Realität. Die Abstinenz von Fleischspeisen an allen Freitagen des Jahres (bewegliche Hochfeste, die auf einen Freitag fallen, ausgenommen) sowie an Aschermittwoch und am Karfreitag ist zudem geltendes Kirchenrecht (Can. 1251 CIC).

Beispiel 2: Erneuerbare Energien. Papst Benedikt XVI. ließ eine Solarstromanlage von der Größe eines Fußballfeldes im Vatikan errichten. Jedes Jahr werden damit rund 220 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen eingespart. 2008 erhielt der Vatikan dafür den „Europäischen Solarpreis“. Selbst der Alt-Öko Franz Alt erkannte seinerzeit: Der Papst wird grün und „hat vorgemacht, worauf es ankommt“. Das ist wahr: Die Kirche ist Vorreiterin in Sachen Klimaschutz. Und das seit fast einem Jahrzehnt.

Beispiel 3: Umwelt- und Klimaschutz in der Lehre. Nochmal Benedikt. Der Emeritus kann nicht nur Praxis, sondern auch Theorie. Er galt als „grüner Papst“ – so nannten ihn US-Diplomaten hinter vorgehaltener Hand, wie die Plattform „Wikileaks“ enthüllte. Und womit? Mit Recht! Man lese nur die Verlautbarungen Benedikts, etwa die Enzyklika Caritas in veritate (2009), in der Benedikt die drängenden Fragen der Ökonomie und Ökologie aus der Sicht des Menschen als Abbild Gottes, mit der Option für die Armen als Stellvertreter Christi und im Bewusstsein unserer Verantwortung für die Schöpfung beantwortet. Oder auch seine Botschaft zum Weltfriedenstag 2010, die unter dem Leitwort stand: „Willst du den Frieden fördern, so bewahre die Schöpfung“. In dieser heißt es: „Wie könnte man gleichgültig bleiben angesichts von Phänomenen wie dem globalen Klimawandel, der Desertifikation, der Abnahme und dem Verlust der Produktivität von großen landwirtschaftlichen Gebieten, der Verschmutzung von Flüssen und Grundwasser, dem Verlust der Biodiversität, der Zunahme von außergewöhnlichen Naturereignissen und der Abholzung in tropischen Gebieten. Wie könnte man das wachsende Phänomen der sogenannten ,Umweltflüchtlinge’ übergehen: Menschen, die aufgrund der Umweltschäden ihre Wohngebiete – oft auch ihr Hab und Gut – verlassen müssen und danach den Gefahren und der ungewissen Zukunft einer zwangsmäßigen Umsiedlung ausgesetzt sind? Wie könnte man untätig bleiben angesichts der schon bestehenden und der drohenden Konflikte um den Zugang zu den natürlichen Ressourcen?“ Nicht zuletzt hat Benedikt in seinem Buch Jesus von Nazareth (2007) ausführlich den ökologischen Jesus beschrieben.

Beispiel 4: Kritik am mangelnden Umwelt- und Klimaschutz durch Politik und Wirtschaft. Doch auch damit noch nicht genug. Benedikt ging auch mit den politischen Verantwortlichen ins Gericht. Beim Neujahrsempfang 2010 für das beim Vatikan akkreditierte Diplomatische Corps drückte Benedikt seine „große Sorge“ über die „politischen und wirtschaftlichen Widerstände gegenüber dem Kampf gegen die Umweltverschmutzung“ aus, wie sie beim Klimagipfel in Kopenhagen (2009) zutage getreten waren. Mit dem Klimawandel stehe das Schicksal ganzer Länder auf dem Spiel, betonte der Papst, insbesondere der kleinen Inselstaaten. Benedikt rief die internationale Gemeinschaft in deutlichen Worten zum Handeln auf.

Also: Längst ist die „biophile und ökologische Grundhaltung“ (Schockenhoff) in der katholischen Moraltheologie als Tugend erkannt worden und prägt die Lehre und Praxis der Kirche. Dafür waren weder Papst Franziskus noch die Umweltenzyklika Laudato si nötig. Jener kann mit dieser allenfalls in die großen Fußstapfen des Öko-Papstes Benedikt treten.

(Josef Bordat)

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