Osternacht. Fest des Sieges

27. März 2016


Ich mache so etwas eigentlich nicht. Ich schreibe für gewöhnlich keine Texte auf Zuruf. Doch, wenn mich mein Pfarrer darum bittet, will ich mal eine Ausnahme machen. Außerdem ist heute Ostern. Das rechtfertigt (fast) jede Abweichung von der Norm, (fast) jede Ausnahme von der Regel.

Mein lieber Pfarrer Izidor und ich, wir sind beide große Fußballfans. Früher war er selbst ein begnadeter (das sowieso!) Spieler und noch heute ist er zur Stelle, wenn es darum geht, mit der Priestermannschaft gegen die Imame Berlins ein hochverdientes Unentschieden zu erkämpfen. Aber in erster Linie ist er Seelsorger.

Nach der heutigen Frühmesse sprechen wir über das Länderspiel Deutschland gegen England im Berliner Olympiastadion gestern Abend, das wir natürlich beide nicht gesehen hatten – ungünstiger Termin! Ich sage ihm, dass ich es unmöglich finde, in der Osternacht ein solches Spiel anzusetzen. „Ja, ich auch – schreib mal was dazu!“ Das tue ich gerne.

Dass ich es unmöglich finde, in der Osternacht ein Länderspiel anzusetzen, schrieb ich bereits. Warum? Weil es Zeiten braucht, in denen der Mensch nicht mit Brot und Spielen abgelenkt gehört, sondern auf sich zurückgeworfen sein sollte. Die Osternacht ist so eine Zeit. Konsumfrei, konkurrenzlos und – heilig.

„Jetzt dürfen wir nicht mal mehr Fußball spielen?!“ – Darum geht es nicht. Es geht darum, dass man sich überlegen sollte, welches Signal man aussendet, wenn man in der heiligsten Nacht des Jahres, in der über zwei Milliarden Christen auf der Welt die Auferstehung Jesu feiern, einen FIFA-Spieltag aufs Programm setzt, der Normalität suggeriert.

„Niemand muss zugucken, wenn Fußball gespielt wird!“ – Natürlich nicht. Doch auch darum geht es nicht. Es geht darum, dass man mit einem Länderspiel in der Osternacht Familien spaltet, Konflikte heraufbeschwört und den Eindruck erweckt, ein Konkurrenzprogramm anbieten zu können. Dass sich die FIFA als Ersatzkirche fühlt und einige in ihr als Halbgötter, ist ja in der Tat nichts Neues.

Das Geschehen der Osternacht ist kein Spiel, sondern eine Wirklichkeit, die alles ändert. Die Osternacht ist ein Fest des Sieges für alle Menschen, die es feiern wollen – ohne Ausnahme. Das muss man nicht glauben. Aber man sollte sich zumindest die Chance geben, darüber nachzudenken. Als einzelner Mensch, aber auch als Gesellschaft. Business as usual steht der Reflexion im Weg.

(Josef Bordat)

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