Der Papst in Mexiko

11. Februar 2016


Morgen früh bricht Papst Franziskus zu einer sechstägigen Reise nach Mexiko auf. Nach Brasilien, Ecuador, Bolivien, Paraguay und Kuba ist es das sechste lateinamerikanische Land, das der Pontifex besucht. Der Heilige Vater bewältigt dabei ein umfangreiches Programm, das neben den Gottesdiensten viele Begegnungen mit Menschen ganz unterschiedlicher Lebenssituation einschließt: Priester und Bishöfe, Ordensleute und Seminaristen, Jugendliche und Familien, Politiker und Ureinwohner. Ein Kinderkrankenhaus und ein Gefängnis wird der Papst besuchen. Treffen mit der „Welt der Arbeit“ und der „Welt der mexikanischen Kultur“ stehen ebenso auf dem Programm wie ein Besuch der gefährlichsten Stadt der Welt – Ciudad Juárez; alle drei Stunden wird hier – statistisch betrachtet – ein Mensch ermordet.

Höhepunkte der Reise sind ohne Zweifel die Eucharistiefeiern. Bereits am Samstag wird Papst Franziskus am größten katholischen Wallfahrtsort der Welt, in der Basilika von Guadalupe, die Heilige Messe zelebrieren. Mit Spannung erwartet wird auch die Abschlussmesse in der berüchtigten Ciudad Juárez am kommenden Mittwoch. Zu dieser sind die Angehörigen der 43 Studenten, die seit 18 Monaten vermisst werden, ganz besonders eingeladen. Auch wenn es – dem Protokoll zufolge – nicht zu einer persönlichen Begegnung mit Papst Franziskus kommen wird, dürfte der Fall für den Heiligen Vater Anlass sein, auf das in Mexiko allgegenwärtige Thema Gewalt einzugehen. Und auf die Probleme der mexikanischen Justiz, damit in geeigneter Weise umzugehen. Auch das Thema Migration dürfte einen Schwerpunkt der Ansprachen des Papstes bilden, ist die aktuelle Fluchtbewegung Richtung Norden doch – neben dem Drogengeschäft – ein Hauptanlass für die Gewalt in der Grenzstadt.

Vielleicht wird es auch die Gelegenheit geben, auf ein ganz spezielles Kapitel in der Gewaltgeschichte des Landes einzugehen: auf die Christenverfolgung. Während der „Mexikanischen Revolution“ (1910-1929) war die Katholische Kirche in dem mittelamerikanischen Land schlimmen Repressionen ausgesetzt. Tatsächlich fand in Mexiko eine der härtesten Kirchenverfolgungen des 20. Jahrhunderts statt. Die neue Revolutionsregierung hetzte die Bevölkerung auf, die Klöster zu stürmen. Viele Priester und Ordensleute wurden ermordet. Insbesondere in den 1920er Jahren gelten Priester und Ordensleute als „Staatsfeinde“ und Hauptwidersacher des Obregón- bzw. Calles-Regimes, die insbesondere durch kirchenfeindliche „Reformen“ in die Geschichte eingingen, die oft untermauert wurden von Gewalt gegen Gläubige, die nach Meinung der Revolutionäre nicht ins neue „System“ passten.

Ganz besonders gespannt bin ich, ob bzw. was Papst Franziskus am Montag in San Cristóbal de Las Casas über den Namensgeber der Stadt, den ehemaligen Bischof von Chiapas, Bartolomé de Las Casas, sagen wird. Die dort geplante Begegung mit Angehörigen der indigenen Bevölkerung lädt jedenfalls dazu ein, an den Apostel der Indios zu erinnern und auf sein Leben und Wirken im kolonialen Mexiko hinzuweisen. Las Casas steht für eine christliche Antwort auf die Gewalt: die Anerkennung und Wertschätzung des Anderen in seiner Andersartigkeit. Auch ein halbes Jahrtausend später ein leuchtendes Beispiel für Mexiko und die Mexikaner.

(Josef Bordat)

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